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Ethische Aspekte der Verwendung von IKT-Implantaten im menschlichen Körper

Rafael Capurro Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart Mitglied der European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE) der Europäischen Kommission. Ethische Aspekte der Verwendung von IKT-Implantaten im menschlichen Körper . Inhalt. Einführung Aktuelle Anwendungen

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Ethische Aspekte der Verwendung von IKT-Implantaten im menschlichen Körper

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Presentation Transcript


  1. Rafael Capurro Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart Mitglied der European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE) der Europäischen Kommission Ethische Aspekte der Verwendung von IKT-Implantaten im menschlichen Körper

  2. Inhalt • Einführung • Aktuelle Anwendungen • Rechtlicher Rahmen • Ethischer Rahmen • Stellungnahme der EGE • Ausblick

  3. Einführung • European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE) der EU-Kommission • Stellungnahme Nr. 20 (15.3.2005): „Ethische Aspekte der Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologischen (IKT-) Implantaten im menschlichen Körper“

  4. Einführung Die EGE ist eine neutrale, unabhängige, pluralistische und multidisziplinäre Gruppe. Sie berät die Europäische Kommission über ethische Fragen in Wissenschaft und neuen Technologien in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Implementierung von Gesetzen und politischen Maßnahmen in der Gemeinschaft. Website: http://europa.eu.int/comm/european_group_ethics/index_en.htm

  5. Einführung • Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) dringen in alle Bereiche des Lebens ein. • Aufgrund neuerer Entwicklungen werden die Geräte zu einem Teil des menschlichen Körpers. • Sie werden entweder mitgeführt oder im Körper implantiert

  6. Einführung • Man verwendet IKT-Implantate um beeinträchtigte Körperfunktionen wiederherzustellen. • Der Gedanke, sich IKT-Geräte unter die Haut einsetzen zu lassen, lässt Science Fiction Szenarien aufkommen, die als Bedrohung oder Verheißung empfunden werden.

  7. Kevin Warwick • Kevin Warwick, Department of Cybernetics, University of Reading, UK http://www.kevinwarwick.com/Cyborg1.htm

  8. Mexiko • In Mexiko (August 2004) hat der „Fiscal General“ (Staatsanwaltschaft) Mikrochips bei 160 Angestellten implantieren lassen, die Zugang zu vertraulichen Dokumenten haben und/oder sich in Gefahr (z.B. Entführung) befinden.

  9. UK • Der britische Premier hat ein Programm angekündigt, wonach 5000 gefährliche Kriminelle mit Chips permanent kontrolliert werden sollen (August 2004).

  10. Japan • In der Präfektur Wakayama (Osaka, Japan) werden in Zukunft Kinder mit RFID Technik geschützt (2004).

  11. Deutschland • Beispiele von deutschen Firmen, die „tracking devices“ anbieten: • Ident Technology http://www.ident-technology.com • TraceCare (Wiesbaden)

  12. Microsoft • Microsoft Patent Nummer 6,754,472 (22. Juni 2004) betrifft den menschlichen Körper als Medium für die Datenübertragung zu Geräten, wie zum Beispiel PDA, Handys, medizinische Geräte, RFID, die eine Lokalisierung von Personen ermöglichen. Das Patent beschreibt keine spezifische Anwendung.

  13. Otto Bock Otto Bock Healthcare: Prothesen-Herstellung: „C-Leg“ (Chip-kontrolliertes Bein) http://www.ottobock.de/de

  14. Einführung • Die Zeitung EU Reporter (www.eureporter.co.uk) berichtet in der Ausgabe vom 28.11.05 unter dem Titel „EU to create police state by the back-door“ über folgende Befürchtung von Tony Bunyan (Director der Londoner Organisation Statewatch www.statewatch.org):

  15. Einführung • „His company has, he told EU Reporter off-the-record, „gathered a considerable amount of evidence that criminal organisations „are gearing up“ to exploit the new technologies being brought in.“ „They are well in advance of governments and things like RFID chips can be exploited and certainly will be. (…)

  16. Einführung • I can take an easily obtained sample of your DANN, the fingerprints and information from your RFID ID card and the data behind it, which cannot be protected no matter what they tell you, and I can commit a crime in your name for which you can go to jail. No one will be safe.“

  17. Anwendungen • Aktive medizinische Geräte • Herz-Kreislauf-Schrittmacher • Cochlearimplantate (Weiterleitung von Schallsignale an den Gehörnerv) • Programmierbare Pumpen zur Abgabe von Pharmaka (z.B. Insulinpumpe für Diabetiker) • Neurostimulationsgeräte (z.B. Wirbelsäule, Sakralnervstimulation) • Tiefenhirnstimulation (z.B. bei Parkinsonpatienten)

  18. Anwendungen • Identifizierungs- und Standortbestimmungsgeräte: • Nur-Lesespeicher-Chip („Read only“) • Schreib-/Lesespeicher-Chip („Read-write“) • Geräte mit Standortbestimmungsfunktionen

  19. Anwendungen • Beispiele: • RIFD-Chips: werden seit Anfang der 1980er Jahre z.B. für die Identifizierung von Viehbestand verwendet. • VeriChip oder „menschlicher Strichcode“: medizinische Daten, personenbezogene Angaben, finanzielle Angaben.

  20. Forschung • Medizinische Geräte: • Biosensoren z.B. zur Überwachung des Blutdrucks • Hirnchip z.B. zur Wiederherstellung der Gedächtnisleistung • Überwachungs- oder Standortgeräte: • GPS (Global Positioning System) zur Bestimmung des Standortes • Leistungssteigerungsgeräte: • Wahrnehmungsverstärker • Künstliche Netzhaut als Infrarotkamera

  21. Rechtlicher Rahmen EU Grundrechtecharta Allgemeine Erklärung Menschenrechte Allgemeine Erklärung der UNESCO über das menschliche Genom • Menschenwürde • Unantastbarkeit des Körpers • Schutz des Privatlebens und Datenschutz • Das Vorsichtsprinzip • Datenminimierung, Zweckangabe, Verhältnismäßigkeit und Relevanz

  22. Rechtlicher Rahmen • Da IKT-Implantate mit einem ungewissen Risiko behaftet sind, muss das Vorsichtsprinzip zum Tragen kommen. • Insbesondere gilt es zwischen aktiven und passiven Implantaten, sowie zwischen reversibler und irreversibler Implantierung zu unterscheiden.

  23. Rechtlicher Rahmen • Der Grundsatz der Zweckangabe verlangt eine Unterscheidung zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Anwendungen.

  24. Rechtlicher Rahmen • Nach dem Grundsatz der Datenminimierung sind IKT-Implantate, die lediglich zur Identifizierung von Patienten dienen, nicht rechtmäßig, sofern an ihrer Stelle weniger invasive und gleichermaßen sichere Mittel verwendet werden können.

  25. Rechtlicher Rahmen • Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind Implantate nicht rechtmäßig, wenn sie z.B. ausschließlich dazu dienen, den Zugang zu öffentlichen Orten zu erleichtern.

  26. Rechtlicher Rahmen • Nach dem Grundsatz der Unversehrtheit und Unantastbarkeit des Körpers reicht die Einwilligung der betroffenen Person nicht aus, um die Implantierung von Geräten jeglicher Art zu rechtfertigen.

  27. Rechtlicher Rahmen • Der Grundsatz der Menschenwürde verbietet es, den Körper in eine bloße Informationsquelle zu verwandeln, der ferngesteuert manipuliert und überwacht werden kann.

  28. Rechtlicher Rahmen • Aus diesen Erwägungen könnte der Schluss gezogen werden, dass IKT-Geräten in vielen Fällen rechtlich nicht zulässig sind.

  29. Ethischer Rahmen • Die heutige Gesellschaft erfährt einen Wandel, der das Individuum in seinem anthropologischen Wesenskern berührt.

  30. Ethischer Rahmen • Der Fortschritt vollzieht sich mit einer schrittweise Verlagerung: Zunächst wurden die Menschen mittels Videoüberwachung und Biometrie beobachtet, nun werden sie mittels diverser elektronischer Geräte in einem Maße manipuliert, so dass sie mehr und mehr zu vernetzten Individuen werden.

  31. Ethischer Rahmen • Wertekonflikte: • Denkbar ist ein Konflikt zwischen der Freiheit des Einzelnen zum Erwerb eines Implantats zur Steigerung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten und der Haltung der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit

  32. Ethische Rahmen • Wertekonflikte: • Ein weiterer möglicher Konflikt besteht zwischen der Überwachung und somit der Einschränkung der Freiheit von Personen, von denen eine Gefahr für andere ausgeht, und dem Anliegen, die Sicherheit andere zu schützen.

  33. Ethischer Rahmen • Wertekonflikte: • Die Wissenschaftsfreiheit kann mit der Pflicht kollidieren, die Gesundheit von Versuchspersonen zu schützen. • Anliegen wie Wettbewerbsfähigkeit gefährden möglicherweise die Menschenwürde.

  34. Ethischer Rahmen • Wissenslücken: • Inwieweit können Gehirnimplantate eine Bedrohung für die Autonomie des Menschen darstellen? • Inwieweit können Implantate irreversible Folgen für den Köper und/oder die Psyche des Menschen haben? • Was verbirgt sich hinter dem Konzept der „Verbesserung“ menschlicher Fähigkeiten?

  35. Ethische Rahmen • Wissenslücken: • Wie ist das Verhältnis zu Personen, die IKT-Implantate mit Online-Verbindung tragen? • Inwieweit sollten IKT-Implantate für den Beobachter unsichtbar bleiben? • Wie verändert sich das soziale und kulturelle Umfeld durch IKT-Implantate?

  36. Ethischer Rahmen • Wie weit darf die IKT „unter die Haut“ gehen? • Ab wann stellen IKT-Implantate eine Bedrohung für die Würde des menschlichen Körpers, seiner Identität und seiner Grundfunktionen dar?

  37. EGE Stellungnahme • Die Stellungnahme deckt nicht den gesamten Bereich der IKT-Geräte oder den Bereich der „wearable computing“ • Sie betrifft nicht die Frage der IKT-Implantate bei Tieren.

  38. EGE Stellungnahme • „Niemand soll Hand an dich legen.“ So lautete das Versprechen der Magna Carta – den Körper in seiner Gesamtheit zu achten: Habeas corpus. • Jeder Eingriff am Körper und jede Form der Verarbeitung persönlicher Daten ist zum Leib in seiner Gesamtheit in Bezug zu setzen.

  39. EGE Stellungnahme • Das Recht auf uneingeschränkte Achtung des Körpers muss heute in Zusammenhang mit elektronischen Komponenten gesehen werden. Das Konzept der „habeas data“ gehört zum unverzichtbaren Bestandteil der Zivilisation.

  40. EGE Stellungnahme • Gleichzeitig ist dieser Körper immer unvollendet. Er kann manipuliert werden, um Funktionen wiederherzustellen, die dem Menschen abhanden gekommen sind oder die er nie besessen hat (Verkrüppelung, Blindheit, Gehörlosigkeit)

  41. EGE Stellungnahme • Die Gesellschaft muss sich mit den Technologien zur Wiederherstellung und zur Steigerung menschlicher Fähigkeiten auseinander setzen, die das Konzept der „Körperpflege“ erweitern und modifizieren können und die Ankunft der „Cyborgs“ (der posthumane Körper) ankündigen.

  42. EGE Stellungnahme • IKT-Implantate und Menschenwürde: Nach Auffassung der EGE stellen IKT-Implantate nicht an sich eine Gefahr für die Freiheit und Würde des Menschen dar, doch muss bei Verwendungen, die beispielsweise die Überwachung von Einzelpersonen und/oder Gruppen ermöglichen, die potenzielle Einschränkung der Freiheit sorgfältig abgeschätzt werden.

  43. EGE Stellungnahme • Der Schutz der Gesundheit und/oder Sicherheit von Menschen mit schweren neurologischen Störungen mit Hilfe von IKT-Implantaten erzeugt nicht notwendigerweise ein ethisches Dilemma zwischen der Unantastbarkeit der Freiheit und der Notwendigkeit des Gesundheitsschutzes. Dennoch sollte auch in diesen Fällen die Verwendung von Implantaten keinerlei Diskriminierung nach sich ziehen.

  44. EGE Stellungnahme • IKT-Implantate für medizinische Zwecke: Selbstverständlich ist eine Einwilligung nach vorheriger Aufklärung erforderlich. • Folgende Grundsätze sollten gelten: • Das verfolgte Ziel muss wichtig sein, wie etwa die Rettung von Menschenleben. • Das Implantat muss notwendig sein, um dieses Ziel zu erreichen. • Es darf kein weniger invasives und kostengünstigeres Verfahren zur Verwirklichung des Ziels existieren.

  45. EGE Stellungnahme • Individuum und Netz: In dem Maße, wie ein Individuum durch das Tragen eines IKT-Implantats Teil eines IKT-Netzes wird, muss der Betrieb des gesamten Netzes – und nicht nur des IKT-Implantats – betrachtet werden. Die Kontrolle des Netzes (wer hat Zugang dazu, wer kann Daten daraus abfragen usw.) muss transparent sein.

  46. EGE Stellungnahme • Freiheit der Forschung: Das ethische Konzept der Unversehrtheit des menschlichen Körpers sollte nicht als Hemmnis für den Fortschritt in Wissenschaft und Technik, sondern als ein Schutzwall gegen den potenziellen Missbrauch dieses Fortschritts betrachtet werden.

  47. EGE Stellungnahme • IKT-Implantate, Minderjährige und geschäftsunfähige Personen: Die Einwilligung nach vorheriger Aufklärung bedarf noch der näheren Spezifikation. • IKT-Geräte sollten Minderjährigen und geschäftsunfähigen Personen nur dann implantiert werden, wenn dies im Einklang mit dem Übereinkommen des Europarats über Menschenrechte und Biomedizin geschieht.

  48. EGE Stellungnahme • Menschenrechtsübereinkommen des Europarats zur Biomedizin: • Art. 6 (Schutz einwilligungsunfähiger Personen): Eingriff „nur zu ihrem unmittelbaren Nutzen“; Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. • Art. 7 (Schutz von Personen mit einer Geisteskrankheit): nur dann, wenn davon auszugehen ist, daß ihr Gesundheitszustand ohne eine solche Behandlung schweren Schaden nimmt.

  49. EGE Stellungnahme • Zugang zu IKT-Implantaten für medizinische Zwecke: Es sollte ein fairer Zugang bestehen. Dies bedeutet, dass der Zugang nach gesundheitlichen Kriterien und nicht nach wirtschaftlichen Mitteln oder sozialer Stellung gewährt werden sollte.

  50. EGE Stellungnahme • Irreversible Implantierung von IKT-Geräten: In diesen Fällen sind die Anforderung an die Einwilligung nach vorheriger Aufklärung und an den Datenschutz (Schutz der Privatsphäre, Vetraulichkeit der Daten) strikt einzuhalten.

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