1 / 29

Gewalt gegen Frauen – eine Herausforderung für das Gesundheitswesen

Prof. Dr. Carol Hagemann-White Universität Osnabrück. Gewalt gegen Frauen – eine Herausforderung für das Gesundheitswesen. Definition Gewalt der WHO.

Download Presentation

Gewalt gegen Frauen – eine Herausforderung für das Gesundheitswesen

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Prof. Dr. Carol Hagemann-White Universität Osnabrück Gewalt gegen Frauen – eine Herausforderung für das Gesundheitswesen

  2. Definition Gewalt der WHO • „Gewalt ist der angedrohte oder tatsächliche Einsatz von physischem Zwang oder von Macht, ob gegen sich selbst, gegen andere Menschen oder gegen eine Gruppe oder eine Gemeinschaft, welcher Verletzungen, Tod, psychologische Schäden, Fehlentwicklungen oder Entbehrungen zur Folge hat – oder mit hoher Wahrscheinlichkeit haben kann.“

  3. UNO: Gewalt gegen Frauen = eine Menschenrechtsverletzung Weil sie die Teilhabe an verbrieften Grundrechten verringert, indem Frauen spezifisch erniedrigt werden, durch: • Körperliche Gewalt • Sexuelle oder sexualisierte Gewalt • Psychische bzw. emotionale Gewalt • Ökonomische Gewalt • Soziale Gewalt

  4. Prävalenzstudie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ (Schröttle, Müller 2004 - im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)Quelle: www.bmfsfj.de Stichwort – Forschungsnetz – Forschungsberichte • Bestandteil des nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen von 1999 • Wissenslücken über das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und konkrete Handlungs- und Hilfebedarfe schließen

  5. Anlage der Studie • Repräsentative Hauptuntersuchung (10.000 Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren) • Zusätzliche Erhebung bei türkischen und osteuropäischen Migrantinnen • Gruppendiskussionen mit Frauen, die direkt von Gewalt betroffen sind oder waren • Kleinere Teilpopulationen-Erhebungen bei Prostituierten, Asylbewerberinnen und inhaftierten Frauen in Gefängnissen

  6. Ergebnisse der Prävalenzstudie • 13% der befragten Frauen, also etwa jede siebte in Deutschland lebende Frau, hat sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung seit dem 16. Lebensjahr erlitten. Zur Hälfte waren Beziehungspartner die Täter • Unterschiedliche Formen von sexueller Belästigung haben 58% der Befragten erlebt.

  7. Prävalenz häuslicher Gewalt Rund 25% der Frauen haben körperliche odersexuelle Übergriffe (oder beides) durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt. Bei der Hälfte war es der aktuelle Partner. Zwischen 13% und 14% aller Frauen, die je einen Partner hatten, erlebten wiederholte mittlere oder (ca. 9%) schwere Gewalt

  8. Ausmaß der Gewalt in Paarbeziehungen • Für knapp die Hälfte der betroffenen Frauen waren Übergriffe nur ein- oder zweimal vorgekommen, ohne Verletzungen; • Bei 17% war dies wiederholt und teilweise mit Verletzungen vorgekommen • 36 % wurden mehr als 10 mal oder regelmäßig geschlagen, mindestens einmal mit Verletzungsfolgen und große Angst

  9. Psychische oder emotionale Gewalt – was ist das? • Eine eigenständige Gewaltform mit gravierenden gesundheitlichen Folgen • verbale Angriffe, Demütigung vor Dritten, extreme Eifersucht und Kontrolle, Drohungen, ökonomische Gängelung • Trifft in mittlerer oder starker Ausprägung ca. jede siebte Frau auch ohne körperliche und sexuelle Gewalt.

  10. Wichtige Einzelbefunde • Gewalt gegen Frauen wird überwiegend durch Partner und im häuslichen Bereich verübt. • Alle Formen von Gewalt können zu erheblichen psychischen, psychosozialen und gesundheitlichen Folgen für Betroffene führen.

  11. Ansprechpersonen im Hilfesystem • Ärztinnen und Ärzte sind die ersten Ansprechpersonen im Hilfe- und Interventionssystem. • In zweiter Linie werden Personen aus dem Bereich Frauenhilfseinrichtungen, Therapie und Sozialarbeit kontaktiert. • Die Polizei steht an dritter Stelle.

  12. Folgeschäden bei Misshandlung durch den Partner • typische Verletzungen, insbesondere Mehrfachverletzungen und solche, die in der Notfallstation zur Behandlung kommen • gynäkologische Störungen und Erkrankungen • chronische reizbare Magen-Darm-Störungen • Schwangerschaftsrisiken • Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen

  13. Folgeschäden bei Misshandlung durch den Partner • Depression, Angst- und Panikattacken • Schlafstörungen • Verlust von Selbstachtung und Selbstwertgefühl • Posttraumatische Belastungsstörung • Längerfristiger Gebrauch psychotroper Medikamente

  14. Warnzeichen für Häusliche Gewalt „red flags“ • chronische Beschwerden, die keine offensichtliche physische Ursachen haben • Verletzungen, die nicht mit der Erklärung, wie sie entstanden sind, übereinstimmen • Verschiedene Verletzungen in unterschiedlichem Heilungsstadium • Partner, der übermäßig aufmerksam ist, kontrolliert und nicht von der Seite der Frau weichen will • physische Verletzungen während der Schwangerschaft

  15. „Red flags“ • spätes Beginnen der Schwangerschafts-vorsorge • häufige Fehlgeburten • häufige Suizidversuche und -gedanken • Verzögerungen zwischen Zeitpunkt der Verletzung und Aufsuchen der Behandlung • chronische reizbare Darmstörungen • chronische Beckenschmerzen

  16. Tipps zur Gesprächsführung • Offenheit signalisieren • Gespräch mit nur der Patientin ohne Partner • Zuhören. Nicht bewerten • Kurzes Benennen der Details sonst Gefahr der Erinnerungsüberflutung • Vermitteln, dass Symptome „gesunde Reaktion“

  17. Tipps zur Gesprächsführung • Vorsicht vor Psychopharmaka – Gefahr der Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit • Jeden Handlungsschritt im Vorfeld besprechen • Nicht zu schnellem Handeln drängen • Keinen Kontakt zum Täter herstellen • Informieren über weiterführende Hilfen in der Region

  18. Schweigepflicht • Schweigepflicht gilt für ÄrztInnen und gesamtes medizinisches Personal • Nur die behandelte Person kann von der Schweigepflicht entbinden • Offenbarung des Wissens im Zeugenstand mit Einverständnis bzw. auf Aufforderung der Patientin (Offenbarungspflicht) • Rechtfertigender Notstand bei wesentlicher Gefahr für Leib und Leben

  19. Sind wir Teil des Problems? Verletzung der Vertraulichkeit Miss- handlung als Bagatelle herunterspielen Gefahr steigt Opfer- situation normalisieren Medizin. Macht & Kontrolle Dem Opfer die Schuld geben Ihre Selbst- bestimmung missachten Ihr Sicher- heitsbedürfnis missachten Verstrickung nimmt zu

  20. Oder sind wir Teil der Lösung? Vertraulichkeit beachten Ihre Erfahrungen als glaubhaft bestätigen . Empowerment Zugang zu Beratung und Hilfe vermitteln Partei- lichkeit Unrecht deutlich benennen Ihr Recht auf Selbstbe- stimmung beachten Helfen Sie ihr, für Ihre Sicher- heit zu planen Empowerment

  21. Handlungsfelder für eine verbesserte Versorgung • Frage nach Gewalt im Rahmen der Anamnese: • Viele Frauen reden aus Angst und Scham nicht von sich aus über erlittene Gewalt. • Studien in verschiedenen Ländern bestätigen, dass misshandelte Frauen direkt nach Gewalt gefragt werden wollen. • Voraussetzung ist sensibles Vorgehen und Kenntnis über Hilfeeinrichtungen

  22. Qualifiziertes Informationsmaterial bereitstellen • Viele Behandelnde sehen einen Bedarf an Informationsmaterial über regionale Hilfeangebote • Frauen selbst fehlt es oft an Informationen über Unterstützungseinrichtungen • Notfallkarten, kurze Infobroschüren in Wartezimmern von niedergelassenen Praxen, Krankenhäuser etc. auslegen

  23. Gewaltschutz im Krankenhaus • Schutz vor weiterer Gewalt während eines Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer psychiatrischen Klinik ist sowohl ein Grundrecht als auch eine Frage der Qualitätssicherung • Patientin muss vor Nachstellungen, Bedrohungen oder erneuter Gewalt sicher sein

  24. Netzwerk „Gesine“Ennepe-Ruhr-Kreis, NRW • Modell, das die unterschiedlichsten Gesundheitsakteure gemeinsam mit der Fraueninfrastruktur in ein Netzwerk einbindet, um praxisnahe, effektive Wege für eine gewaltsensible Gesundheitsversorgung anzubieten. • Leitgedanke: Es ist nicht die Frage, ob Professionelle im Gesundheitswesen Kontakt zu gewaltbetroffenen Frauen in ihrem Berufsalltag haben, sondern wie sie ihn gestalten

  25. Strategien des Netzwerkes • Sensibilisierung der Professionellen im Gesundheitswesen für Art, Ausmaß und Folgen von Gewalt gegen Frauen • Verpflichtung zur Umsetzung grundlegender Standards in der Versorgung gewaltbetroffener Frauen: 1. Offenheit für das Thema signalisieren 2. Wahrnehmen 3. Ansprechen 4. Adäquat reagieren 5. Informieren

  26. Strategien des Netzwerkes • Stärkung der Weitervermittlungs-ressourcen: 1. Die unterschiedlichen Professionen müssen voneinander wissen und die jeweiligen speziellen Angebote für gewaltbetroffene Frauen kennen. 2. Patientinnen werden bei Bedarf gezielt an gewaltsensibel handelnde Kliniken, Praxen oder Beratungsstellen vermittelt.

  27. Strategien des Netzwerkes • Informationsmaterial für Netwerkpartner und Angebote für Fortbildungen rund um das Thema Gewalt gegen Frauen und deren Auswirkungen auf die mitbetroffenen Kinder. • Kommunikationsplattform für Austausch, Information, Kritik und Anregung durch Koordinierungsstelle

  28. Können wir dies leisten? • Viele Ärzte, Therapeuten, Pflegekräfte fragen, ob die Eröffnung des Themas sie nicht überfordert • Politik und Verbände fragen oft, ob die Vorschläge nicht zu viel kosten • Die Gewalt im Verborgenen zu lassen kostet aber viel mehr! • Wir können es uns nicht leisten, NICHT qualifiziert zu intervenieren.

  29. Prof. Carol Hagemann-WhiteDipl. päd. Sabine BohneUniversität Osnabrück „Versorgungsbedarf und Anforderungen an Professionelle im Gesundheitswesen im Problembereich Gewalt gegen Frauen und Mädchen“2003 Expertise für die Enquête-Kommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen“

More Related