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Therapeutische Themen und Trends – Alte Weisheit in neuen Gefässen?

Therapeutische Themen und Trends – Alte Weisheit in neuen Gefässen?. Dr. med. Samuel Pfeifer Klinik Sonnenhalde – Psychiatrie und Psychotherapie, Riehen / Schweiz. Trend 1: Psychische Krankheiten nehmen zu!. 2012: «Depression is the leading cause of disability worldwide .»

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Therapeutische Themen und Trends – Alte Weisheit in neuen Gefässen?

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Presentation Transcript


  1. Therapeutische Themen und Trends – Alte Weisheit in neuen Gefässen? Dr. med. Samuel Pfeifer Klinik Sonnenhalde – Psychiatrie und Psychotherapie, Riehen / Schweiz

  2. Trend 1: Psychische Krankheiten nehmen zu! • 2012: «Depression istheleadingcauseofdisabilityworldwide.» • Die führende Ursache von Einschränkung / Behinderung weltweit. • Betrifft auch die Familie. • Wird oft versteckt und deshalb nicht behandelt.

  3. Immer mehr Betroffene

  4. Trend 2:Computer – elektronische Datenverarbeitung

  5. 5 Computer in der klinischen Psychiatrie Im klinischen Alltag tippen wir auch in den modernsten Computer die gleichen Leidensgeschichten wie sie unsere Vorgänger in Sütterlin-Schrift niederlegten.

  6. Online-Therapie ohne personalen Kontakt? • Internetbasierte Therapieprogramme werden experimentell angewendet. • Besserungsraten bei Angst und Trauma (Spontanheilung?) • Bei schambesetzten und traumatischen Erfahrungen (z.B. www.virtual-traumcacenter.org) • Informationsvermittlung kann hilfreich sein. • ABER: Es fehlt der zwischenmenschliche Dialog, die Beziehung von Person zu Person.

  7. Trend 3:Hirnforschung undNeuropsychotherapie

  8. Hirnforschung – Neuropsychotherapie? Trotz aller Forschung: «Unklar bleibt, wie aus Materie Geist entsteht» «… auch in praktischer Hinsicht erschreckend wenig Handfestes: Was im Hirn der Kranken falsch läuft, wissen die Forscher nicht.» Spiegel 50/2012

  9. So komplex ist ein Voxel! Spiegel 50/2012

  10. Neuropsychotherapie (Klaus Grawe) • Die Anwendung neurobiologischer Erkenntnisse auf die Psychotherapie • In der Tat spannende Befunde zu Veränderungen der Neurotransmitter bei Depressionen, Angststörungen oder Zwangsstörungen. • Erkenntnisse über neuronale Netzwerke oder etwa die emotionalen Zentren im limbischen System. • Bildgebung mithilfe von PET (Positronen-Emissions-Tomographie) konnte Veränderung der Durchblutung in einzelnen Zentren vor und nach einer Psychotherapie zeigen. • EPIGENETIK - Traumatische Veränderungen führen zu tiefgreifenden DNS-Veränderungen, die möglicherweise sogar vererbt werden können.

  11. Trend 4:Begriffsverwirrung«Personalisierte Psychiatrie»

  12. «Personalisierte Psychiatrie» -biologistische Mogelpackung • Wenn die Daten von Genomik, Proteomik, Metabolomik, Bildgebung und Neuroendokrinologiemiteinanderkombiniertwerden, könntensieunszurEntwicklungeinereffektivenpersonalisiertenantidepressivenBehandlungführen, die auf Genotyp und Biomarkernbasiert. • (Holsboer in Nature 2008) Prof. Florian Holsboer, langjähriger Direktor des Max-Planck-Institutes in München

  13. Kritik personalisierte Psychiatrie • Es ist verblüffend, wie hier eine Begriffseinengung durchgeführt und machtvoll durchgesetzt wird, die einer kritischen Überprüfung in keiner Weise standhalten kann. Die Verkürzung oder Reduktion lässt sich eindeutig festmachen: Denn es wird in der angesprochenen Redeweise nur auf den Körper, die genetische Ausstattung und die biologischen Vorgänge Bezug genommen, alles andere, das Soziale, psychische Prozesse oder was in der Philosophie als die Sprache des Mentalen bezeichnet wird …, wird weggelassen. • B. Küchenhoff 2012

  14. Genetische Therapievorhersagen illusorisch Simon & Perlis 2010, PersonalizedMedicinefor Depression. American Journal ofPsychiatry167:1445–1455 Conclusions: While individuals vary widely in response to specific depression treatments, the variability remains largely unpredictable. Future researchshouldfocuson identifying true moderator effects and should consider how response to treatments varies across episodes. At this time, our inability to match patients with treatments implies thatsystematicfollow-upassessmentand adjustment of treatment are more important thaninitialtreatmentselection. «Unsere Unfähigkeit, spezifische Behandlungsformen auf die Patienten abzustimmen, weist auf die Bedeutung der psychotherapeutischen Begleitung hin.» Freie Übertragung der Schlussfolgerungen

  15. Trend 5:Pragmatische Therapie

  16. Trend: Pragmatische Multimodale Therapien • Pragmatismus – David H. Barlow – «Unified Protocol for the Transdiagnostic Treatment of Emotional Disorders». • Keine tiefgründigen Interpretationen – einfach praktisch beraten – erstaunlich effektiv und erfolgreich. • Hierher gehören auch viele therapeutische Techniken, die im Alltag der Psychotherapie angewendet werden, von kognitiver Umstrukturierung, über interpersonelle Therapie, Dialektisch-Behaviorale Techniken, bis hin zu Traumatherapien (PITT, EMDR etc.) • Supportive Therapie vermittelt Trost, Halt und praktische Lebensperspektiven

  17. Trend 6:Rückkehr der Psychodynamik in der Verhaltenstherapie

  18. Trend: Schematherapie • Dritte Welle der Verhaltenstherapie mit einer neuen Betonung von Psychodynamik • «Schemata» beinhalten Muster aus Erinnerungen, Emotionen, Kognitionen und Körperempfindungen • Früh erworben, prägen das Leben in negativer Weise und erklären dysfunktionale Verhaltensmuster, Ängste und Depressionen.

  19. Schematherapie II VERÄNDERUNG DER FUNKTIONS-MODI • Modus des verletzten Kindes • Dysfunktionale Bewältigung • Kritische «Eltern-Modi» • Modus des gesunden, eigenständigen Erwachsenen

  20. Schematherapie – spirituelle Anwendung • E. Roediger hat in «Psychotherapie & Seelsorge» bereits einen Artikel zum Thema «Wie spirituell ist die Schematherapie?» veröffentlicht. • Zunehmende Umsetzung in einem christlichen Kontext, z.B. Lebensfallen und Gebet, Gottesbild und Erwachsenen-Modus. • Beispiel: Gemeinde-Seminar der FEG Lörrach von einem Arzt-Ehepaar unter dem Titel: «Wachsen und Reifen – Wie wir Lebensfallen überwinden können.» • Link: http://feg-loerrach.de/web/cms/front_content.php?idart=299

  21. Trend 7:Achtsamkeit

  22. Trend: «Achtsamkeit» • Der Begriff der «Achtsamkeit» wird heute als unverzichtbares Element für beinahe jede Therapieform angepriesen – ein Leitfossil der dritten Welle der Kognitiven VT. • Achtsamkeit wird in einem breiten Feld verstanden: von der absichtslosen Selbstwahrnehmung körperlicher Funktionen bis hin zu einer vertrauensvollen Grundhaltung im Hier und Jetzt. • Achtsamkeit wird zwar als «spirituelles» Element bezeichnet, dabei aber mehrheitlich buddhistischen Wurzeln zugeschrieben. • Wie steht es mit der Kompatibilität zum christlichen Weltbild?

  23. Marsha Linehan – schmerzliche Selbsterfahrung • Die Begründerin der Dialektisch-Behavioralen Therapie war selbst in ihrer Jugend für Monate wegen einer Borderline-Störung hospitalisiert und erfuhr nicht zuletzt durch eine geistliche Erfahrung (im katholischen Kontext) eine tiefgreifende Besserung. Später entwickelte sie das tragfähigste Therapiekonzept für Borderline-Patienten. Quelle: New York Times 2012

  24. Achtsamkeit – kritische Würdigung • In der ACT werden vier Elemente der Achtsamkeit genannt: • Die Fülle jeden einzelnen Augenblickes wertschätzen • Tiefe und innige Verbindung mit Menschen • Einwirken auf unser eigenes Verhalten • Ermöglichen von werte-orientiertem Handeln • Im christlichen Kontext könnte man diese wie folgt erweitern: • Momente der Stille und der Meditation in den Tag einbauen • In Dankbarkeit gegenüber Gott jeden Augenblick wertschätzen • Tiefe und innige Verbindung mit Menschen und mit Gott • Wahrnehmen und Einwirken auf unser Verhalten – Selbstprüfung • Werte auf dem Hintergrund des Glaubens wählen und umsetzen nach Harris 2011

  25. Trend 8:Kulturelle Sensibilität

  26. Trend: Kulturelle Sensibilität Stellungnahme der DGPPN 2012 – kulturelle / spirituelle Sensibilität – www.dgppn.de

  27. Kulturelle Sensitivität entwickeln • Offenheit für Menschen aus einem anderen Kulturhintergrund • Bereitschaft zu hören und zu lernen • Familienkontext: Familienwerte oft wichtiger als individuelle Interessen • Kulturell bedingte Ängste und Tabus • Formen des Gefühls-Ausdrucks / Augenkontakt • Beziehungs-/Rollenverhalten • Bedeutung von psychischen Problemen: Ursachen, Ängste, Stigma, traditionelle Heilungswege. • Bereitschaft zur Therapie – evtl. unter Einbezug einer Vertrauensperson der eigenen Kultur / Religion.

  28. Herausforderung Langzeitverläufe • Die Psychotherapie-Forschung hat gezeigt, dass 3 Jahre nach einer Psychotherapie nur 30 Prozent der Patienten wirklich symptomfrei sind! • Die grosse Herausforderung sind also die Langzeitverläufe (M.. Bohus 2013): Wie kann man mit seelischem Leiden umgehen, wenn der Blick in die Vergangenheit nichts mehr Neues bringt und eine Verhaltensänderung an ihre Grenzen stösst? • Die Antwort liegt in einer Veränderung der Einstellung zum Leiden, das Annehmen des Unveränderlichen und das Entwickeln von Werten, die tragen – auch im Leiden!

  29. Mega-Trend:Weisheit – Werte – Akzeptanz und Lebenssinn

  30. 12 Weisheitskomponenten (nach Linden) • Perspektivwechsel (die Perspektive des Verursachers einnehmen können) • Selbstdistanz (die Relativierung der eigenen Bauchgefühle) • Empathie (wie fühlt sich die andere Seite?) • Emotionswahrnehmung und Emotionsakzeptanz (was ist mein Bauchgefühl und was sagt meine Vernunft?) • Emotionale Gelassenheit und Humor • Fakten- und Problemlösewissen • Kontextualismus(In welchem Gesamtzusammenhang ist es passiert?) • Wertrelativismus (es gibt auf Erden keine absolute Gerechtigkeit) • Selbstrelativierung (nimm dich nicht so wichtig) • Ungewissheitstoleranz • Nachhaltigkeit (was nützt mir langfristig?) • Problem- und Anspruchsrelativierung. VERGEBUNG?!

  31. Werte in der Resilienzforschung Diese Werte werden oftmals durch Werte des Glaubens und der Gemeinschaft vermittelt • Optimismus • Akzeptanz • Lösungsorientierung • Opferrolle verlassen • Verantwortung übernehmen • Netzwerk-Orientierung • Zukunftsplanung

  32. Ein Akzeptanz-geleitetes Leben ACCEPTANCE AND COMMITMENT THERAPY • Menschliches Leiden entsteht oft durch den Versuch, seelischen Schmerz zu vermeiden. Krampfhaftes Korrigieren hilft nicht. • Dinge akzeptieren, wie sie sind, besonders, wenn man sie nicht ändern kann. – Gleichmut, Gelassenheit. • Werte, die das Leben leiten können • Ableiten von konkreten Handlungsweisen • Integration mit Glaubensfragen ist möglich

  33. ACT - Verwandte Konzepte • Gläubiges Grundvertrauen: «In deine Hände befehle ich meinen Geist!» • Existenzialismus – das unabänderliche Schicksal akzeptieren • Einstellungswerte nach FRANKL: Einer Situation Sinn verleihen, auch wenn sie noch so schwer ist

  34. Forschung: Beziehung – Werte – Sinn • „Ideen sind nur dann effektiv, wenn die therapeutische Allianz solide ist.“ (Yalom) Basis einer erfolgreichen Psychotherapie ist eine warmherzige, tragfähige therapeutische BEZIEHUNG, in der es gelingt, WERTE zu vermitteln, die den Menschen tragen und ihm neuen SINN vermitteln können.

  35. Wellenbewegungen der Psychotherapie 1910 1930 1950 1960 1980 2000 2010 SINN / WERTE WEISHEIT BEZIEHUNG Seelsorge Spiritualität KognitiveVerhaltenstherapie Schematherapie Arzt-PatientenBeziehung Systemische Th. ACT InterpersonellePsychotherapie PsychoanalyseFreud Humanistische Psy. Rogers Individual-Psy Adler Tiefenpsychologie Existenzanalyse Frankl

  36. Thesen und Zusammenfassung • Die grundlegenden Werte einer hilfreichen mit-menschlichen Beziehung sind wichtiger als alle methodischen Interven-tionen. • Glück als oberstes Ziel einer Psychotherapie ist eine trügerische Fata Morgana. Ziel ist viel eher ein gelingendes Leben in den Grenzen der Existenz. • Obwohl es gute Forschungsergebnisse für manche Therapien gibt, so sind doch die Langzeitergebnisse begrenzt. • Neue Ansätze kehren überraschenderweise zurück zu bewährten Werten – Weisheit und Sinn, die auch kompatibel mit spirituellen Inhalten sind.

  37. Brückenschlag Psychotherapie - Seelsorge • Die positiven Forschungsergebnisse für Werte-orientierte Therapien erlauben einen Brückenschlag zwischen Psychotherapie und Seelsorge. • Spiritualität und «Spiritual Care» haben heute eine Akzeptanz, die sich kreativ in eine christlich orientierte Beratung einbauen lässt. • Christliche Berater und Therapeuten haben eine Verantwortung, fachliche und ethische Standards einzuhalten. • Sie dürfen mit Selbstbewusstsein darauf hinweisen, dass «moderne Psychotherapien» ein Gefäss für zeitlose Werte sind.

  38. Veranstaltungshinweis Ab November 2013 findet in Riehen regelmässig ein «Kolloquium Integration von Psychotherapie und Spiritualität» statt. Wenn Sie interessiert sind, so senden Sie uns Ihre Adresse, damit wir Sie einladen können. Bitte benutzen Sie diesen Link .

  39. Danke für Ihre Aufmerksamkeit DOWNLOAD www.samuelpfeifer.com www.seminare-ps.net

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