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Gesunde Eltern, gesunde Kinder

Gesunde Eltern, gesunde Kinder. Nationalsozialistische Gesundheitspolitik durch Sterilisation und „Euthanasie “ ein Beitrag zum Hermann-Langbein- Symposium 18. April 2013 / Linz. Die differentielle Geburtenrate. Bevölkerungsdiskurs. Gefahr der Überbevölkerung

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Gesunde Eltern, gesunde Kinder

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Presentation Transcript


  1. Gesunde Eltern, gesunde Kinder Nationalsozialistische Gesundheitspolitik durch Sterilisation und „Euthanasie“ ein Beitrag zum Hermann-Langbein- Symposium 18. April 2013 / Linz

  2. Die differentielle Geburtenrate

  3. Bevölkerungsdiskurs Gefahr der Überbevölkerung Thomas Malthus : Essay on theprincipleofpopulation (1798) Regulierung durch Kriege, Seuchen etc. Gefahr der Unterbevölkerung Lujo Brentano: Die Malthussche Lehre und die Bevölkerungsbewegung (1909) sinkende Geburtenrate, Gefahr des Aussterbens, des Sinkens der Wehrfähigkeit

  4. Auguste Comte de Gobineau (1816-1882) Essai surl’inégalité des raceshumaines(Abhandlung über die Ungleichheit der menschlichen Rassen), 1853-55 • Ausgangspunkt: eine ideale nordische „Ur-Rasse“, dazu zwei Primärrassen (gelb und schwarz) • keine gemeinsame Abstammung, da farbige Rassen in der Bibel nicht genannt sind • Mischungen mindern die Qualität der höheren Rasse

  5. Houston Stewart Chamberlain (1855-1927) Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, Erste Hälfte, 1. Aufl. 1898 (14. Auflage 1922) • Unterscheidung von Menschen in hochwertige und minderwertige Rassen • nur hochwertige Rassen haben eine Existenzberechtigung • Juden gelten als minderwertige Rasse • Schöpfer der (Welt-)Kultur sind vor allem die hochwertigen Germanen

  6. Egon von Eickstedt (1892-1965) • 3 Großrassen: Europide, Negride, Mongolide • jeweils Unterteilung in mehrere Rassen • Klassifikation anhand der äußeren Erscheinung (Anthropometrie) Abstammungsgutachten des NS nach den Kriterien • Körpergröße • Gesichtsform • Nasenform • Haarfarbe • Augenfarbe Theorie dominiert bis Ende des 20. Jahrhunderts

  7. Eugenik alle Maßnahmen zur Erhöhung des als positiv bewerteten Teils der Erbanlagen und zur Senkung des als negativ bewerteten Teils einer Rasse eu = gut / genos = Geschlecht 1883 geprägt von Francis Galton (1822-1911) für den deutschsprachige Raum bis 1945: Rassenhygienevon Alfred Ploetz

  8. Alfred Ploetz (1860-1940) Arzt und Publizist 1895 „Grundlinien einer Rassenhygiene. Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen“ 1904 Gründung des Archivs für Rassen- und Gesellschaftsbiologie 1905 Gründung der Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene

  9. Schwerpunkt der Theorie von Ploetz: der Lebensprozess einer Rasse wird gestört einerseits durch den Schutz der Minderwertigen und andererseits durch Kriege und Geburtenarmut der Höherwertigen deshalb: Untersagung von der Fortpflanzung außerhalb eines gewissen Alters Untersagung der Eheschließung auf Lebenszeit für alle schwachen und behinderten Personen gesteuerte Zeugung Korrekturen durch die Tötung von Neugeborenen

  10. Wilhelm Schallmeyer (1875-1919) Arzt und Privatgelehrter 1900 „Vererbung und Auslese im Lebenslauf der Völker“ Forderungen: • Förderung von kinderreichen Familien • Staatliche Gesundheitszeugnisse • Erbbestandsaufnahmen per Kartei als Grundlage • Eheverbote, Zwangsasylierung und Sterilisation

  11. Alfred Grotjahn (1869-1931) Arzt und Publizist, ab 1921 Reichstagsabgeordneter und Autor des gesundheitspolitischen Programms der SPD 1912 „Soziale Pathologie“ Erkrankungen entstehen nicht durch soziale Umstände, sondern durch schlechte Erbanlagen daraus folgt: wenn die Ursache der Krankheit anlagebedingt ist, hilft keine Verbesserung der sozialen Umwelt, sondern nur die Verhinderung der Fortpflanzung der geistig und körperlich Minderwertigen

  12. Forderungen von Grotjahn Absonderung von Tuberkulösen, Geschlechtskranken, Nervenkranken, Verrückten , Epileptischen, Blinden, Tauben, Arbeitsscheuen, Verkrüppelten, Trinksüchtigen, Unfallverletzten und Invaliden Absonderung von Waisen, allein stehenden Müttern, Rekonvaleszenten

  13. Folgen des Ersten Weltkrieges für die Entwicklung der Bevölkerung und damit der Wirtschaft: • Gefallene • Geburtenausfall • Kriegsbeschädigte, die der Fürsorge des Staates anheim fallen Schätzung: die Bevölkerung werde bis etwa 1970 brauchen, bis der Einschnitt ausgeglichen ist bis dahin Entspannung der sozialen Belastung durch die Reduzierung der Zahl der Betreuungsbedürftigen

  14. Fritz Lenz (1887-1976) Anthropologe und Humangenetiker 1921: mit Eugen Fischer und Erwin Baur: „Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene“ (2 Bd.,spätere Auflagen: Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene) 1931: Forderung, das untüchtigste Drittel der Bevölkerung zu sterilisieren

  15. Eugenische Sterilisation Zielgruppen nach Lenz: • schwachsinnige Hilfsschüler • Fürsorgezöglinge • rückfällige oder Schwerverbrecher • entlassene Geisteskranke • in Fürsorge stehende Trinker • in Fürsorge stehende Tuberkulöse • Empfänger von Armenunterstützung, wenn bedingt durch Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsscheu

  16. Soziale Sterilisation Zielgruppen nach Lenz: • körperliche Schwächlichkeit • Kränklichkeit • Hässlichkeit Begründung: „ganz überwiegend wirtschaftlich minder leistungsfähige Menschen“

  17. Karl Binding (1841-1920)Alfred Hoche (1865-1943) 1920 „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens – ihr Maß und ihre Form“ (2. Aufl. 1922) Verbindung des Begriffes der Euthanasie mit der Vernichtung lebensunwerten Lebens

  18. Der Psychiater Hoche über die Zielgruppe • Menschen, die an schweren Schmerzen leiden • Menschen mit angeborener oder erworbener geistiger Behinderung • Menschen in Bewusstlosigkeit

  19. Der Jurist Binding über den Weg • Selbstmord nicht verboten • unterstützter Selbstmord sollte nicht verboten sein • bei fehlendem Willensentscheid infolge Krankheit oder Alter: Entscheidung durch eine Kommission

  20. Ewald Meltzer (1869-1940) 1925 „Das Problem der Abkürzung ‚lebensunwerten‘ Lebens“ Zentrale Frage an die Eltern: Würden Sie auf jeden Fall in eine schmerzlose Abkürzung des Lebens Ihres Kindes einwilligen, nachdem durch Sachverständige festgestellt ist, dass es unheilbar blöd ist?

  21. Ergebnis von 200 Fragebögen kamen 162 zurück davon 73% mit Ja 27% mit Nein Meltzer: „Das hatte ich nicht erwartet. Das Umgekehrte wäre mir wahrscheinlicher gewesen.“

  22. Standpunkte • „Obwohl mir der Gedanke schmerzlich, so ist es doch um des Kindes willen das Beste; solche Handlung kann dem Geiste der christlichen Religion nicht widersprechen.“ • „Geben Sie ihm einen schönen schmerzlosen Tod, dann bin ich eine große Sorge los; aber alles auf Ihre Kosten; habe nichts, bin Witwer, kann mich nicht um das Kind kümmern. Sofort Bescheid, wenn es geschehen. Zur Beerdigung komme ich nicht.“ • „Sehr geehrter Herr Doktor! Ihr Schreiben hat mich sehr befremdet, in keinem Falle werde ich einwilligen, da ich den Tod eines Kindes nicht auf dem Gewissen haben will. Auch wird Ihr Rundschreiben an andere Eltern solcher Kinder keinen Erfolg haben, da ich nicht glauben kann, dass es solche lieb- und gefühllose Menschen geben kann. Mit aller Hochachtung pp.“

  23. Nationalsozialismus und die Wege zur „Herrenrasse“ • positive Auslese • Ehestands-Darlehen • „Lebensborn“ • negative Auslese • Eheverbote • Sterilisation • Euthanasie

  24. Partnerwahl

  25. Otto Helmuth: Volk in Gefahr (1934)

  26. Ideal und Wirklichkeit

  27. positive Auslese – der Lebensborn e.V. • gegründet 1935 • Name abgeleitet vom alten deutschen Wort „Born“ als Bezeichnung für Brunnen bzw. Quelle, Bedeutung daher etwa „Lebensbrunnen“ oder „Lebensquelle“ Aufgaben: • ab 1936 Unterstützung schwangerer Frauen, sofern den Kriterien entsprechend • ab 1942 Eindeutschung von Kindern aus dem Warthegau (Polen)

  28. Ziele der Vereinsarbeit gemäß Satzung: • „rassisch und erbbiologisch wertvolle, kinderreiche Familien zu unterstützen“, • „rassisch und erbbiologisch wertvolle werdenden Mütter unterzubringen und zu betreuen“, • „für diese Kinder zu sorgen“ und • „für die Mütter dieser Kinder zu sorgen“.

  29. Voraussetzungen für die Aufnahme • eigene Gesundheit • Gesundheit der Verwandten („Erbgesundheit“) • keine jüdischen Vorfahren („Ariernachweis“) • Angabe des Kindesvaters, für den die ersten drei Kriterien ebenfalls galten

  30. Vorteile für ledige Mütter • Geheimhaltung der Geburt • eigene Standesämter für gefälschte Eintragungen bis hin zur Vortäuschung einer Ehe • Vermittlung beruflicher Anstellungen • vorübergehende oder dauerhafte Aufnahme des Kindes im Heim mit Vermittlung von Pflegefamilien

  31. Österreich „Heim Ostmark“, später „Heim Wienerwald“ Ort: Pernitz / Feichtenbach Zeit: Oktober 1938 – März 1945 Erwerb: beschlagnahmter jüdischer Besitz (Lungensanatorium) Kapazität: 49 Mütter, 83 Kinder März 1945 Evakuierung nach „Heim Hochland“ (Steinhöring)

  32. Österreich „Heim Alpenland“ Ort: Oberweis bei Gmunden Zeit: September 1943 – Frühjahr 1945 Erwerb: beschlagnahmter jüdischer Besitz Kapazität: 40 – 50 Kinder Heim zur „Eindeutschung“ von Kindern aus Osteuropa, vor allem Polen

  33. Propaganda für die Ausgrenzung

  34. Propaganda für die Ausgrenzung

  35. negative Auslese – Sterilisation und „Euthanasie“ 1933 1939 1940 1941 1945 Zwangssterilisation Kinderfachabteilungen zentrale dezentrale Euthanasie

  36. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14.7.1933 in Kraft ab 01.01.1934 / in Österreich ab 01.01.1940 • angeborener Schwachsinn • Schizophrenie • manisch-depressives Irresein • erbliche Fallsucht • erblicher Veitstanz • erbliche Blindheit • erbliche Taubheit • schwere erbliche körperliche Missbildung

  37. Unterschied zu 1932 Hat das Gericht die Unfruchtbarmachung endgültig beschlossen, so ist sie auch gegen den Willen des Unfruchtbarzumachenden auszuführen, sofern nicht dieser allein den Antrag gestellt hat. Der beamtete Arzt hat bei der Polizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen zu beantragen. Soweit andere Maßnahmen nicht ausreichen, ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges zulässig. Reichsgesetzblatt I, Nr. 86, 25.07.1933

  38. Tendenzen in der Anwendung des Gesetzes Schwerpunktdiagnosen: • angeborener Schwachsinn • Schizophrenie • Epilepsie Zielgruppen: • Hilfsschüler • Patienten von Heil- und Pflegeanstalten • sozial auffällige Personen bzw. Familien

  39. Erblichkeit Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass zum Nachweis der Erblichkeit der Nachweis einer erblichen Belastung in der Familie des Unfruchtbarzumachenden selbst durchaus nicht unerlässliche Voraussetzung ist, da eine solche ja in Einzelfällen zufällig fehlen oder nicht nachweisbar sein kann. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933. Bearbeitet und erläutert von Dr. med. Arthur Gütt, Dr. med. Ernst Rüdin und Dr. jur. Falk Ruttke, München 1934

  40. Zusammensetzung der Erbgesundheitsgerichte

  41. Verfahren Anzeige an das zuständige Gesundheitsamt durch Familienangehörige, Betreuer, behandelnde Ärzte, Fürsorger oder die betreffende Person ▼ Antrag an das Erbgesundheitsgericht durch das Gesundheitsamt ▼ Verhandlung am zuständigen Erbgesundheitsgericht ▼ ▼ Beschluss auf Sterilisation oder Ablehnung der Sterilisation ▼ ▼ Operation oderMöglichkeit des Widerspruchs beim zuständigen Erbgesundheitsobergericht ▼ ▼ Bestätigung oder Ablehnung ▼ Operation ▼ ▼ Rückmeldung an das Erbgesundheitsgericht

  42. Oberdonau (nach Goldberger)

  43. Kinderfachabteilungen Runderlass des RMdI vom 18. August 1939: Meldepflicht für Hebammen und Krankenhäuser bei Kindern mit • Idiotie sowie Mongolismus • Mikrocephalie • Hydrocephalus • Missbildungen jeder Art (Fehlen von Gliedmaßen, Spaltbildungen) • Lähmungen

  44. Meldeverfahren • Meldung an die jeweiligen kommunalen Gesundheitsämter und von dort an den Reichsausschuss zu Erfassung erb- und anlagebedingter Leiden • Einweisung des Kindes in eine Kinderfachabteilung: „Hier kann auf Grund der durch den Reichsausschuss getroffenen Einrichtungen die beste Pflege durchgeführt werden.“ (aus dem Antwortschreiben des Reichsausschusses an die Gesundheitsämter)

  45. Karte aus „Kinder in der NS-Psychiatrie“ – Schriftenreihe des Landes Brandenburg

  46. Prof. Werner Heyde Wenn man den Eltern dieser Kinder etwa erklärte, die Kinder würden mit der Einweisung einer ausgezeichneten Therapie zugeführt, dann hat man ihnen einfach etwas Unzutreffendes gesagt… Ich glaube nicht, daß man auf den etwa geäußerten Wunsch der Eltern, ihr Kind von der Eu[thanasie] auszuschließen, Rücksicht genommen hätte, denn diese Handlung hätte eindeutig Sinn und Zweck der RA-Arbeit widersprochen. (1961)

  47. Österreich / Wien Institution: Städtische Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ ab März 1942 Heilpädagogische Klinik der Stadt Wien „Am Spiegelgrund“ ab November 1942 Teilung in Wiener Städtische Nervenklinik für Kinder „Am Spiegelgrund“ und Wiener Städtische Erziehungsanstalt „Am Spiegelgrund“ Dauer: Januar 1940 – April 1945 Ärzte: Dr. Erwin Jekelius (Direktor bis 1941) Dr. Ernst Illing (ab 1942 Direktor) Dr. Heinrich Gross Dr. Margarete Hübsch Dr. Marianne Türk Forschungsschwerpunkt: Hirnforschung (in Zusammenarbeit mit der Prosektur Brandenburg Görden)

  48. Österreich / Graz Institution: Landesheil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke „Am Feldhof Graz“ (bzw. Gau- Heil- und Pflegeanstalt) Dauer: Juli 1941 – Anfang 1945 Ärzte: Dr. Oskar Begusch (Direktor bis 1944) Dr. Ernst Sorger (Direktor ab 1944) Dr. Hans Machan (Leiter der Frauenabteilung) Dr. Peter Korp Dr. Josefine Hermann Dr. Gabriele Eder Forschungsschwerpunkt: postmortale Bestimmung von Diagnosen (in Zusammenarbeit mit der Prosektur der Uniklinik Graz)

  49. Aktion T 4 Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken der Gnadentod gewährt werden kann. datiert auf den 1. September 1939

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