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Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche. 2. Einzelne Grundrechte Dazu lesen: Sodan/Ziekow
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1. Wirtschaftsgrundrechte(Gliederungspunkt „B“)Teil 2
Professur für Öffentliches Recht,Europarecht und VölkerrechtProf. Dr. A. Emmerich-FritscheWS 2008/09
2. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 2 Einzelne GrundrechteDazu lesen: Sodan/Ziekow §§ 26, 27, 28, 30, 32, 36, 37, 40, 42
1. Menschenwürde (Art. 1 I GG)
2. Persönlichkeitsrecht/allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG)
3. Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG)
4. Eigentum (Art. 14 GG)
5. Berufsfreiheit (Art. 12 GG)
6. Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG)
7. Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG)
8. allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)
3. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 3 Struktur der Grundrechtsprüfung(1) Eröffnung des Schutzbereichs
1. sachlich
2. persönlich
II. Beeinträchtigung im Schutzbereich
1. Eingriff
2. mittelbarer/faktischer Eingriff
3. fehlende/mangelnde Leistung im Schutzbereich
4. grundrechtsbeeinträchtigende Auslegung
4. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 4 Struktur der Grundrechtsprüfung(2) III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. Schranken
a. grundrechtsimmanent
b. Gesetzesvorbehalt (Gesetzmäßigkeit)
aa. einfach
bb. qualifiziert
cc. Grundrechte ohne ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt (z.B. Art. 4 GG)
c. Verfassungsimmanente Schranken
5. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 5 Struktur der Grundrechtsprüfung(3) 2. „Schranken-Schranken“ (Rechtmäßigkeit)
a. formelle Rechtmäßigkeit
aa. Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 70ff. GG)
bb. Gesetzgebungsverfahren (Art. 76ff. GG)
cc. Form: Zitiergebot (Art. 19 I, 2 GG)
6. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 6 Struktur der Grundrechtsprüfung(4) b. materielle Rechtmäßigkeit
aa. Parlamentsvorbehalt
bb. Bestimmtheitsgebot
cc. Verhältnismäßigkeit (geeignet, erforderlich, angemessen)
dd. Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 II GG)
absolut u. relativ
7. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 7 Struktur der Grundrechtsprüfung(4)
ee. Verbot von Einzelfallgesetzen (Art. 19 I,1 GG)
ff. Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
gg. Rückwirkungsverbot
hh. sonstiger Vertrauensschutz
anderes materielles Verfassungsrecht
Dazu lesen: Sodan/Ziekow, § 24
8. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 8 Art. 1 GG (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
9. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 9 MenschenwürdeArt. 1 I GG
Oberstes Grundprinzip jeder Gesellschaft (vgl. Art. 1 Allgemeine Menschenrechtserklärung) und oberstes Grundrecht im GG, Kern aller Grundrechte
Probleme: Definition, Universalität, Einschränkbarkeit
10. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 10 MenschenwürdeDefinition/ sachlicher Schutzbereich
Wert als Mensch an sich (a.A.: als Persönlichkeit, Anerkennung in einer Gesellschaft)
Schutz der Subjektqualität, Selbstbestimmung, Achtung der Menschheit in jedem Menschen (auch geistig Behinderte z.B.)
Objektformel (Kant, Dürig, BVerfG): niemand darf zum bloßen Objekt von Herrschaft werden; Subjektqualität darf nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden (Bsp. Luftsicherheitsgesetz)
11. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 11 MenschenwürdeBeispiele von Verstößen, Diskussion
Beispiele: Folter, erniedrigende Behandlung, Leibeigenschaft, aber auch: Zwergenweitwurf, gespieltes Töten
Diskussion:
Grenzen der Gentechnik
12. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 12 MenschenwürdeSchranken?
Eingriffe können nicht gerechtfertigt werden („unantastbar“)
Diskussion: Folter, Terrorismusabwehr
13. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 13 Art. 2 I GG Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
14. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 14 Freie Entfaltung der PersönlichkeitSchutzbereich Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Schutz der persönlichen Lebenssphäre
Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit (z.B. Recht am eigenen Bild)
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Grundrecht auf Gewährleistung und Vertraulichkeit u. Integrität informations-technischer Systeme
Recht am eigenen Namen
15. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 15 Freie Entfaltung der PersönlichkeitSchutzbereich (2) 2. Allgemeine Handlungsfreiheit (subsidiäres Auffanggrundrecht)
Jedes menschliche Verhalten ohne Rücksicht, welches Gewicht ihm für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt
Auch anwendbar auf juristische Personen (Art. 19 III GG)
sog. unbenannte Freiheiten, z.B.:
Reiten im Wald, Pflichtmitgliedschaft,
Vertragsfreiheit
Freiheit wirtschaftlicher Betätigung, Wettbewerbsfreiheit, Unternehmensfreiheit (vgl. Art. 19 III GG), soweit nicht von Art. 12, 14 GG erfasst
16. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 16 Freie Entfaltung der Persönlichkeit Schranken(trias) Verfassungsmäßige Ordnung: jedes formell und mat. rechtmäßiges Gesetz
Rechte anderer
Sittengesetz (str.: kategorischer Imperativ oder gesellschaftliche Sitten)
-> de facto einfacher Gesetzesvorbehalt
17. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 17 Art. 5 I GG Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
18. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 18 Meinungsfreiheit Schutzbereich Meinung: Werturteile
Werbung? + wenn sie einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat
jede Form der Meinungskundgabe
wahre Tatsachenbehauptungen als Voraussetzung der Bildung von Meinungen (nicht: statistische Auskünfte)
19. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 19 MeinungsfreiheitBeeinträchtigungen
Verbote Meinungen zu äußern
Faktische, mittelbare Beschränkungen
Beeinträchtigung durch Pflicht, eine fremde Meinung als eigene und nicht als fremde äußern zu müssen (z.B. Gesundheitswarnungen)
20. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 20 Art. 5 II GG
Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
21. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 21 MeinungsfreiheitSchranken Allgemeine Gesetze (str.):
Sonderrechtslehre (nicht gegen eine bestimmte Meinung)
Abwägungslehre (höherrangiges Rechtsgut)
Gesetze zum Schutz der Jugend
Ehrschutz
22. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 22 MeinungsfreiheitSchranken-Schranken Wechselwirkung zwischen Meinungsfreiheit u. allgemeinem Gesetz
(spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit besonderem Gewicht auf Meinungsfreiheit)
Zensurverbot Art. 5 I, 3 GG
23. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 23 Meinungsfreiheitund Ehrschutz auch beleidigende Meinungen grundsätzlich geschützt
Ausnahme: Formalbeleidigungen
Schmähkritiken, persönliche Diffamierungen stehen auf Rechtfertigungsebene regelmäßig hinter Ehrschutz zurück
24. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 24 InformationsfreiheitSchutzbereich nur allgemein zugängliche Quellen
auch negativ, aber kein Anspruch auf Schutz vor aufgedrängten Informationen durch Private
25. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 25 PressefreiheitSchutzbereich
Druckerzeugnisse aller Art (auch CDs)
Beschaffung bis Verbreitung
Pressetechnische Hilfstätigkeiten
Notwendige Bedingung des Funktionierens eines freien Pressewesens
Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit
26. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 26 PressefreiheitBeeinträchtigungen und Schranken Subventionen eines Presseunternehmens, wenn dadurch bestimmte Meinungen gefördert werden (Neutralitätspflicht des Staates)
Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrecht
(z.B. Carolinefälle), vgl. auch § 22, 23 KunstUrhG)
27. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 27 Pressefreiheit vs. PersönlichkeitsrechtBGH-Rechtspr. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kann unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 für den Informationsanspruch der Öffentlichkeit auch bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte der Informationswert der Berichterstattung nicht außer Betracht bleiben. Der erkennende Senat hat schon mehrfach ausgesprochen, dass der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer wiegt, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das muss im Grundsatz auch für Personen mit hohem Bekanntheitsgrad gelten, so dass es auch hier eine Rolle spielt, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht.
28. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 28 Rundfunkfreiheit Hör- und Fernsehfunk
Programmgestaltungsfreiheit
Freiheit der Organisation und Finanzierung
Schutz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit „bedarfsgerechter Finanzierung“
Pluralität des Rundfunkwesens
29. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 29 Art. 14 GG 1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
30. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 30 EigentumsgarantieFunktion, Wesen Handlungsmöglichkeiten im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen
Privatnützigkeit
Inhaltsbestimmung durch Gesetz Art. 14 I 2 GG
Instituts- und Bestandsgarantie
31. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 31 EigentumsgarantieSchutzbereich Eigentumsbegriff
Vermögenswerte Rechte PR
Vermögenswerte Rechte ÖR
Kriterium: eigene Leistung -> nicht Wirtschaftssubventionen (BVerfGE 72, 175, 195), Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II
wohl aber: Arbeitslosengeld I
Erbrecht
32. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 32 EigentumsgarantieSchutz vor Auferlegung von Geldleistungspflichten?
verneinend: z.B.Altschulden BVerfG 95, 267
Ausnahme: Erdrosselung (BVerfGE 82, 159 [190])
weitergehend: Halbteilungsgrundsatz für Vermögenssteuer (BVerfG, Beschluß vom 22.06.1995 (BVerfGE 93, 121 - Einheitswerte II), einschränkend: keine Übertragung auf Gewerbe- und Einkommenssteuer (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006)
33. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 33 Schutz des Eigentumsgebrauchs Art. 14 II, 2 GG
Sozialbindung Art. 14 II GG
BVerfG, Mitbestimmungsurteil:
Befugnis des Gesetzgebers zur Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht
34. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 34 Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb/Unternehmen BVerfG: Geschützt Erworbenes, nicht Erwerb
kein Schutz künftiger, Umsatz- und Gewinnchancen (so auch EuGH, kein Schutz v. Marktanteilen)
grds. kein Konkurrentenschutz, auch nicht im Verhältnis zum Staat (problematisch), jedenfalls solange Existenz des Unternehmens nicht angetastet wird
Beeinträchtigung: z.B. Entzug, Vernichtung, Nutzungs-beschränkung, Verwertungsverbot, Immissionen etc.
mittelbare, faktische Nachteile
35. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 35 Abgrenzung Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung Grundlegend: Nassauskiesungsbeschluss BVerfGE 58, 300 ff.
allgemeingesetzliche Neubestimmung von Rechten und Pflichten hinsichtlich der verfassungsrechtlich als Eigentum geschützten Rechtsposition
36. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 36 Inhalts- und SchrankenbestimmungRechtsfolge ? keine Entschädigung (nicht: „dulde und liquidiere“)
Ausnahme: ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung
Rechtsgrundlage:
gewohnheitsrechtlicher Aufopferungsanspruch
Kriterien:
- Sonderopfer (Ertrag d. Arbeit, Ungleichheit)
- Schwere d. Eingriffs
37. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 37 Rechtfertigung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung 1) Formelle Verfassungsmäßigkeit
2) Institutsgarantie respektiert?
3) Verhältnismäßigkeit:
Sachgerechte Abwägung zwischen der Bestandsgarantie (Art. 14 I 1) und Sozialgebot (Art. 14 II )
a. Legitimer Zweck (Orientierung am Sozialgebot)
zugunsten v. Privaten nur, wenn es dem Allgemeinwohl dient
b. Geeignet und erforderlich?
c. Verhältnismäßigkeit i.e.S.:
ggf. Ausnahme-, Übergangs- oder Ausgleichsregelungen (sog. Entschädigungspflichtige Eigentumsinhaltsbestimmungen), Altrechtsinhaber
38. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 38 Enteignung, Art. 14 III GG Enteignungsbegriff
Vollständige oder teilweise Entziehung als Eigentum geschützter subjektiver Rechtsposition durch formelles Gesetz (Legalenteignung) oder Verwaltungsakt (Administrativenteignung) zur Inanspruchnahme für öffentliche Zwecke (Güterbeschaffung)
39. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 39 EnteignungRechtsfolge
? Entschädigung
Gesetz muss Art u. Ausmaß regeln
40. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 40 Rechtfertigung der Enteignung 1. Formelle Verfassungsmäßigkeit
2. Institutsgarantie respektiert?
3. Art. 14 III
a. Parlamentsgesetz, dass selbst die Vorhaben und die Voraussetzungen der Enteignung regelt (Art. 14 III 2)?
b. Art und Ausmaß der Entschädigung geregelt (Junktim, Art. 14 III 2)?
c. Dient die Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit (Art. 14 III 1 )?
d. Ist die Bestimmung der Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten erfolgt (Art. 14 III 3)?
41. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 41 Art. 12 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
42. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 42 BerufsfreiheitSchutzbereich Deutschengrundrecht, Unionsbürger: Art. 2 I mit Umfang des Art. 12 I GG
entgegen Wortlaut nach Rspr. d. BVerfG (E 7, 377, 402; 172, 183) einheitliches Grundrecht
Begriff des Berufes: jede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient und nicht schlechthin verboten (früher st. Rspr. BVerfG )oder sozial- oder gemeinschädlich (BVerwG, BVerfG Sportwettenurteil v. 28.3.2006)
keine fixierten Berufsbilder
Problem Erlaubniskriterium: Prostitution, Spiel- und Wetten (§ 284 StGB) = Beruf (Rspr.)
43. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 43 Verhältnis von Unternehmen, Gewerbe und Beruf Unterscheidung in Art. 55, 66 GG
h.M.: weiter Berufsbegriff (Erlerntheit kein Kriterium)
Gewerbe anders als Beruf: Selbständigkeit, Gewinnerzielungsabsicht
Beruf: Selbständige wie unselbständige Tätigkeiten
personaler Grundzug des Art. 12 GG
Unternehmen kann Berufsausübung sein
erfasst bei juristischen Personen auch Gewerbe, soweit diese Tätigkeit in gleicher Weise v. natürlicher Person ausgeübt werden kann (Art. 19 III GG)
44. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 44 BVerfGE 50, 290 Beruf - Gewerbe Art. 12 GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht, jede Arbeit, für die er sich geeignet glaubt, als "Beruf" zu ergreifen, dh zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen (BVerfGE 7, 377 [397]). In dieser Deutung reicht Art. 12 Abs. 1 GG weiter als die - von ihm freilich umfaßte (vgl. BVerfGE 41, 205 [228] ) - Gewerbefreiheit. Darüber hinaus unterscheidet er sich jedoch von ihr durch seinen personalen Grundzug: Der "Beruf" wird in seiner Beziehung zur Persönlichkeit des Menschen im ganzen verstanden, die sich erst darin voll ausformt und vollendet, daß der Einzelne sich einer Tätigkeit widmet, die für ihn Lebensaufgabe und Lebensgrundlage ist und durch die er zugleich seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung erbringt. Das Grundrecht gewinnt so Bedeutung für alle sozialen Schichten; die Arbeit als "Beruf" hat für alle gleichen Wert und gleiche Würde (BVerfGE 7, 377 [397]). Dieser individualrechtlich-personale Ansatz könnte es zweifelhaft erscheinen lassen, ob der Schutz des Grundrechts "seinem Wesen nach" auch juristischen Personen zukommen kann (Art. 19 Abs. 3 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage jedoch in ständiger Rechtsprechung bejaht: Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist bei juristischen Personen die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (BVerfGE 30, 292 [312] - Erdölbevorratung - m.w.N.).
45. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 45 BVerfGE 50, 290 Beruf - Unternehmensfreiheit Sofern es sich um Tätigkeiten handelt, die den dargelegten Voraussetzungen eines "Berufs" entsprechen, ist grundsätzlich auch die "Unternehmerfreiheit" im Sinne freier Gründung und Führung von Unternehmen durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß das Grundrecht insoweit sehr verschiedene wirtschaftliche Sachverhalte erfaßt. Wahrnehmung von Unternehmerfreiheit ist sowohl die Gründung und Führung eines Kleinbetriebs oder Mittelbetriebs als auch die Tätigkeit eines Großunternehmens. Während sich bei den ersten der personale Grundzug des Grundrechts auch im wirtschaftlichen Bereich voll verwirklicht, geht dieser bei Großunternehmen nahezu gänzlich verloren; er mag sich noch bei einem maßgebenden Anteilseigner finden, vor allem wenn dieser, wie bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung möglich, zugleich in der Leitung des Unternehmens tätig ist. Davon abgesehen ist indessen Unternehmerfreiheit im Fall von Großunternehmen nicht Element der Ausformung der Persönlichkeit des Menschen, sondern grundrechtliche Gewährleistung eines Verhaltens, dessen Wirkungen weit über das wirtschaftliche Schicksal des eigenen Unternehmens hinausreichen … Diese Sachlage kann indessen nicht dazu führen, Unternehmerfreiheit auf kleine und mittlere Unternehmen zu beschränken: Großunternehmen und auch Konzerne sind wesentliche Elemente einer hochentwickelten und leistungsfähigen Volkswirtschaft. Sie ist jedoch für den Umfang der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers von Bedeutung.“
46. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 46 Wettbewerbsfreiheit? BVerwG (87, 37 ff.,): Verhalten v. Unternehmen im Wettbewerb geschützt
BVerfGE (105, 252, 265 ff. Glykol): kein Schutz vor der Verbreitung zutreffender u. sachlich gehaltener Information, selbst wenn sich Inhalte nachteilig auf einzelne Wettbewerbsposition nachteilig auswirken
47. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 47 BerufsfreiheitBeeinträchtigung 1. der Ausübung oder der Wahl
2. mittelbare Eingriffe: nur bei berufsregelnder Tendenz und einem gewissen zumindest faktischen Gewicht relevant
v. Rspr. abgelehnt f. Pflichtmitgliedschaft in IHK, Berufsverbänden
Transparenzlisten, Glykol-Fall
48. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 48 BerufsfreiheitSchranken und Rechtfertigung einheitlicher Gesetzesvorbehalt, Art. 12 I 2 GG: folgt aus dem einheitlichen Schutzbereich
2. Drei-Stufen-Lehre („Apothekenurteil“, BVerfGE 7, 377):
a. vernünftige Berufsausübungsregelungen: zulässig bei Erwägungen des Allgemeinwohls
b. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen: zulässig
zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter
c. Objektive Zulassungsvoraussetzungen: zulässig
zum Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter
= Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
49. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 49 BerufsfreiheitRechtsprechungsbeispiele zu a: Ladenschlussgesetz BVerfG v. 9.6.2004 unter: http://www.rechtliches.de/urteile/BVerfG_Ladenschlussgesetz.html)
staatl. Werbebeschränkungen (BVerfG 94, 372 Apothekenwerbung, BVerfGE 95, S. 173 (181) – Tabaketikettierung)
zu b: Meistertitel (BVerfG, 1 BvR 1730/02 vom 5.12.2005, vgl. Handwerksnovelle 2004)
zu c: Bedürfnisprüfungen, staatl. Monopole (z.B. Spielbankmonopol BVerfG, 1 BvR 2228/02 vom 26.3.2007, Absatz-Nr. (1 - 66), http://www.bverfg.de/ entscheidungen/rk20070326_1bvr222802.html)
50. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 50 Art. 9 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
51. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 51 Vereinigungsfreiheit Deutschengrundrecht, Unionsbürger? s.o.
positiv und negativ
gesetzgeberische Ausgestaltungspflicht
Art. 9 Abs. 1 GG: -> Vereine, Gesellschaften
Begriff: Dauerhaftigkeit, organisierte Willensbildung, Freiwilligkeit
Kammerzwang nach h.M. nicht im Schutzbereich (str.)
-> Art. 2 I GG (BVerfGE 10, 89, 102)
Individuell: Gründungs-, Beitritts-, Betätigungsfreiheit
Kollektiv: Organisationsautonomie, Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit
Spez. Grundrechtsschranke Art. 9 II: Vereinsverbote
52. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 52 KoalitionsfreiheitSchutzbereich, Verpflichtung individuell, kollektiv, positiv, negativ
Koalitionsbegriff h.M.: Zweck auf Wahrung der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen (-> Tarifverträge), Gegnerfreiheit, Gegnerunabhängigkeit, Überbetrieblichkeit (str.)
im Kernbereich d. Art. 9 III GG: Tarifautonomie
Arbeitskampfmaßnahmen (Streik, Aussperrung)
in Art. 9 III 3 S. 2 GG Drittwirkung angeordnet
53. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 53 KoalitionsfreiheitSchranken kein ausdrücklicher Schrankenvorbehalt
grundrechtsimmanente und verfassungsimmanente Schranken
Schranken-Schranke: Art. 9 III, 3 GG
54. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 54 Art. 3 GG (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
55. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 55 Gleichheitsrechte Allgemeiner Gleichheitssatz Art. 3 I GG Gleichheit vor dem Gesetz
Gleichheit durch das Gesetz (Willkürverbot): wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln
Ungleichbehandlung u. rechtfertigender Grund in angemessenem Verhältnis
Beispiel: Pendlerpauschale
56. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 56 Spezielle GleichheitsrechteGleichberechtigung von Männern und Frauen Art. 3 II GG Verfassungsimmanente Rechtfertigungen z.B. Art. 12a I, 6 II, 1 GG
biologische, aber nicht funktionale (Rollenverständnis) Unterscheidungen
Ausgleich von gesellschaftlichen Nachteilen zulässig
Frauenquoten (str.), kein automatischer Vorrang
57. Prof.Dr. A. Emmerich-Fritsche 57 Gleichheitsgrundsatz Art. 3 GGPrüfungsstruktur
Ungleichbehandlung von verschiedenen Sachverhalten oder Personengruppen
Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
a. sachlicher Grund
b. Verhältnismäßigkeitsprüfung:
(1) zulässiges Differenzierungsziel
(2) zulässiges Differenzierungskriterium
(3) Geeignetheit
(4) Erforderlichkeit
(5) Angemessenheit