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Seminar für Soziologie; Prof. Andreß, J. Hirschle, MA WS 2005/06, Hauptseminar „Geldsoziologie“. Liebe und Geld in Paarbeziehungen. Referat von Stefan Meier & Alexander Freier Köln, den 31.01.2006. Gliederung. Allgemeine Einführung: Geld und Liebe
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Seminar für Soziologie; Prof. Andreß, J. Hirschle, MA WS 2005/06, Hauptseminar „Geldsoziologie“ Liebe und Geld in Paarbeziehungen Referat von Stefan Meier & Alexander Freier Köln, den 31.01.2006
Gliederung • Allgemeine Einführung: Geld und Liebe • Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe • 3. Darstellung und Kritik des aktuellen Forschungsstands • 4. Fallstudien • 5. Fazit und Diskussion
1. Allgemeine Einführung: Geld und Liebe Problematik und Fragestellung: Gegensatz von Geld & Liebe • 1.1. Gegensatz von Geld und Liebe • Liebesbeziehung nach dem Romantischen Liebesideal: • Die Liebenden treten als Individuen auf • Beziehung auf Wahrheit und Dauer ausgelegt • b) Gegenpol zum romantischen Liebesideal: • Soziale Beziehungen der Akteure in der modernen Gesellschaft • Akteure treten im Geldaustausch nicht als Individuen in Erscheinung
1. Allgemeine Einführung: Geld und Liebe Problematik und Fragestellung: Geschichtliche Entwicklung • 1.2. Geschichtliche Entwicklung • Früher: Durchsetzung des bürgerlichen Ehekonzepts: • - männlicher Hauptverdiener • - weibliche Hausfrauentätigkeit • Diese Rollenverteilung etablierte eine eigene Ordnung von Geld und Liebe im Privatleben • b) Heute: Wandel des traditionellen Ehekonzepts • Steigende Erwerbstätigkeit von Frauen • Abnehmende Ungleichheit • Wandel der Institution Ehe
1. Allgemeine Einführung: Geld und Liebe Problematik und Fragestellung: Mögliche Fragestellungen • → Frauen verfügen über selbst erwirtschaftetes Geld • → Veränderung des Haushaltseinkommens • 1.3. Mögliche Fragestellungen: • Welche Bedeutungen messen Paare in ihrem Alltag dem Zusammenhang von Geld und/oder Liebe zu? • Wie gestalten Paare die ökonomische Seite ihrer Beziehung (Zusammensetzung des Haushaltseinkommens, Aufteilung, etc.)? • Bislang: Kaum empirische Erkenntnisse
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • 2.1.1 Perspektiven auf die Familie • Emotionale Gemeinschaft • Blick auf ökonomische Abhängigkeiten und Ungleichheiten
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • Familie als exemplarischer Beleg für die Deutung von Modernisierung und funktionaler Differenzierung • traditionell: • Familienverband als autark wirtschaftende Einheit • Partnerwahl nach ökonomischen Gesichtspunkten • Primäre Sozialisation im Privathaushalt • Im Zuge der Modernisierung: • Produktion ausgelagert aus dem Familienhaushalt • Partnerwahl nach Kriterium der romantischen Liebe • Privatheit & Intimität in Paarbeziehungen sehr wichtig
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • 2.1.2 Ökonomischer Einfluss auf die Familie • Familie ist auch ökonomischen Zwängen unterworfen • Familie als wichtiger Produzent von Wohlfahrt • Leistung von Arbeit • Verteilung von finanziellen und anderen Ressourcen (oft nach nicht-marktlicher Logik) • → gilt für Personen, die nur begrenzt oder gar nicht an der Erwerbstätigkeit teilnehmen • (Bsp.: ‚Hausfrauenehe‘ in der BRD und Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männer)
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • Vor dem Hintergrund der ökonomischen Relevanz: • Verschränkung von romantischer Liebe und modernem Geld • → 2 gegensätzliche Grundprinzipien: • Prinzip der individuellen Höchstrelevanz des Anderen (Romantisches Liebesideal) • Prinzip der absoluten Sachlichkeit rationalen Kalküls (Nutzenmaximierung)
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • 2.1.3. Unterschiede von Geld und Liebe in Paarbeziehungen • Geld hat einen rein materiellen Wert • Unterschiedliche Tauschlogiken von Geld und Liebe: • Der Gegenpart von Liebe kann nur Liebe sein • Geld besitzt ein abstraktes Wertversprechen und kann gegen Waren, Dienstleistungen oder Informationen eingetauscht werden • c) Liebe wirkt subjektiv und verbindet zwei Individuen miteinander • d) Geld wirkt objektiv, da jeder mit jedem durch Geld in Verbindung treten kann
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • 2.1.4 Haushaltseinkommen in Paarbeziehungen mit traditionell geschlechtsspezifischer Rollenverteilung • Ehemann verdient Haushaltseinkommen • Frau verdient ggf. Zusatzeinkommen • → Geld als materielle Basis verbindet die Partner • → Wessen Geld wem gehört ist institutionell vorgegeben • → Modell beschreibt finanzielle Abhängigkeit der Frau • → Mann ist Frau & Familie gegenüber finanziell verpflichtet • → Emotionale Verbundenheit legitimiert dieses Modell (Romantisches Liebesideal)
2. Das Spannungsverhältnis von Geld und Liebe 2.1. Die bürgerliche Familie im Modernisierungsprozess • Wandel der Rahmenbedingungen im Privatleben: • Abnehmende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern • Geringe Zustimmung zum traditionellen männlichen ‚Familienernährer-Modell‘ (bzw. ‚Hausfrauen-Ehe‘) • Veränderung der Institution Ehe • → Ausgestaltung des Verhältnisses von Geld und Liebe verändert sich im Zuge dieser Entwicklung • Mögliche Entwicklungen: • Veränderung der Rollenverteilung • Erwirtschaftung von eigenem Geld • → Geld offen für viele Bedeutungen (Mein Geld-Unser Geld)
3. Darstellung & Kritik des aktuellen Forschungsstands 3.1. Bisherige Studien • Bisher: • Wenige Studien zur Thematik Geld und Liebe • Studien über soziale Ungleichheit gingen bisher immer davon aus, dass das Haushaltseinkommen zusammengelegt (‚gepoolt‘) wurde • Seit etwa 20 Jahren Versuche, die ‚black-box‘ der finanziellen Seite des Familienhaushaltes aufzuhellen • Bisherige Studien oft über die Verwendung des laufenden Einkommens, wie Entscheidungen getroffen werden und bei wem die Kontrolle über das Geld liegt
3. Darstellung & Kritik des aktuellen Forschungsstands 3.2. Bisherige Studien: Jan Pahl, 1989 • Ergebnisse von Pahl: • Vielfach Geldbeziehungen, in denen der (zumeist männliche) Hauptverdiener seiner (Ehe-)Partnerin das Haushaltsgeld und einen kleinen Teil für private Zwecke überlässt („allowance system“) • Teilwiese auch umgekehrte Ergebnisse, d.h., dass der Mann der Frau das komplette Einkommen aushändigt, mit Abzug eines Teils für individuelle Zwecke • → Liegt nicht am steigenden weiblichen Einfluss, sondern oftmals vorliegend bei niedrigem Einkommen (Der Frau wurde lediglich die Mängelverwaltung aufgebürdet)
3. Darstellung & Kritik des aktuellen Forschungsstands 3.3. Bisherige Studien: ISSP, 1994 • Umfragedaten des ISSP 1994: • Tabelle 1: Geldverwaltung in Paarbeziehungen / Ehen in ausgewählten Ländern (Angaben in Spaltenprozent) • Frage: Wie regeln Sie und Ihr Ehepartner den Umgang mit dem Einkommen, das einer von Ihnen oder Sie beide erhalten? • D-W D-O GB US I E S N • ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ • Mann 9 3 11 8 16 10 1 2 • Frau 10 10 13 12 22 28 2 2 • Gemeinsam 64 72 54 61 55 58 63 66 • Teils gemeinsam, 10 12 13 10 4 3 23 20 • Teils individuell • Ganz individuell 7 3 9 9 3 1 11 10 • ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ • N 1591 802 578 796 648 1557 905 1434
3. Darstellung & Kritik des aktuellen Forschungstandes 3.3.1. Ergebnisse des ISSP • Ergebnisse des ISSP: • In der BRD (noch stärker in Ost- als in Westdeutschland): • Geld wird bei der Mehrheit gemeinsam verwaltet • Individuelle Geldverwaltung sehr niedrig ausgeprägt • Gemeinsamkeit in der Geldverwaltung in südeuropäischen Ländern geringer ausgeprägt als in skandinavischen Staaten • Bei Unverheirateten, die teilweise nicht mit ihrem Partner zusammenleben, dominieren Formen der gemeinsamen und der teilweise oder gänzlich individuellen Geldverwaltung
3. Darstellung & Kritik des aktuellen Forschungsstandes 3.3.2. Kritik an den Ergebnissen des ISSP: • Was meinen Befragte mit: „Wir legen das ganze Geld zusammen und jeder nimmt sich, was er braucht.“ • komplexes Zusammenspiel von Geld & Liebe im Alltag • Wie legen Paare im Alltag fest, wie viel jeder einzelne wofür braucht und ausgeben darf? Wie werden diese Ansprüche formuliert und wer setzt sich durch? • Geld wird nur eindimensional betrachtet • Verschiedene Geldformen möglich (Aktien, Kredite,…) • Zeitliche Verknüpfung bleibt unberücksichtigt • Keine Berücksichtigung möglicher Bedeutungen von Geld (verdient-geschenkt, knapp-überflüssig, etc.)
4. Fallstudien 4.1. Paar 1: Anna und Andreas • Seit 5 Jahren ein Paar • Haben sich im Job kennen gelernt, als Andreas noch Student war • Wohnen nach zwei Jahren Fernbeziehung seit wenigen Wochen zusammen und wollen in einem Jahr heiraten • Trotz längerer Berufserfahrung verdient Anna nur geringfügig mehr • Anna: Akkumulation von Werten • Andreas: Akkumulation von Schulden
4. Fallstudien 4.1 Paar 1: Anna und Andreas • Asymmetrie in Geldangelegenheiten • Anna sieht dadurch den dauerhaften Bestand der Beziehung gefährdet und will Asymmetrie ausgleichen • Andreas sieht Beziehung durch Geldfragen nicht gefährdet, beugt sich aber Annas Wunsch • Anna will den individuellen Umgang mit Geld dem gemeinsamen Beziehungsprimat unterordnen • Andreas musste versprechen, Einkäufe vom aktuellen Kontostand abhängig zu machen und Anna vor einer größeren Anschaffung um Rat fragen
4. Fallstudien 4.1 Paar 1: Anna und Andreas • Anna verknüpft Geld mit der Frage der Identität • Andreas verknüpft dagegen Geld nur mit Handeln • Für Anna drückt sich im Umgang mit Geld die Persönlichkeit des Partners aus, die eine Liebesbeziehung tragen kann oder nicht • Für Andreas ist ein gemeinsam arrangierter UmgangmitGeld Ausdruck einer erfolgreichen Liebesziehung zweier in ihrer Persönlichkeit mehr oder weniger unterschiedlicher Partner
4. Fallstudien 4.2 Paar 2: Beate und Boris • Seit 4,5 Jahren ein Paar • Beate ist Azubi mit 1800 DM Netto-Monatseinkommen • Boris studiert und verdient mit Nebenjobs zwischen 1000 – 1500 DM im Monat • Boris stammt aus alter Kaufmanns-Familie, die die Miete des Paars zahlt • Boris sammelt Briefmarken und alte Landkarten
4. Fallstudien 4.2 Paar 2: Beate und Boris • Das Paar hat keine getrennten Kassen, aber jeder hat eigenes Konto • Beate zahlt laufende Abbuchungen, alles andere derjenige, der gerade „flüssig“ ist • Zwei verschiedene Währungen • Unterschiedliche Bewertung des gemeinsamen Geldes • Boris sieht sein Geld als „besonderes“ und „richtiges“ Geld (Werte zum Teil nur virtuell vorhanden) • Beates Geld ist Mittel zum Zweck und daher wertlos in seiner außeralltäglichen Bedeutungsvariante
4. Fallstudien 4.2 Paar 2: Beate und Boris • Problem: Wechselkurs definieren • Beate versucht beide Währungen in die gemeinsame Beziehung zu integrieren • Die im „besonderen Geld“ ausgedrückte Individualität von Boris begründet und zementiert überspitzt gesagt die Beziehung, solange Boris seine Individualität der Gemeinsamkeit verpflichtet
4. Fallstudien 4.3 Paar 3: Dagmar und Daniel • Eheleute sind seit 8 Jahren zusammen • Dagmar arbeitet gelegentlich in Boutique, hat aber früher gut verdient und besitzt Eigentumswohnung • Daniel verdient gut und hat gespart • Daniel übernimmt wegen der Wohnung die täglichen Einkäufe (nicht sehr viel)
4. Fallstudien 4.3 Paar 3: Dagmar und Daniel • Beiden ist klar: „ihre“ Wohnung, „seine“ Ersparnisse • Aber: Beiden ist aufgrund der Ehe (implizit) klar, dass sowohl Ersparnisse als auch Wohnung für die gemeinsame Lebensführung aufgewendet werden wird • Denn: Dagmar will bald in Rente und die Hälfte des Jahres im Ausland verbringen (mit Daniel) • Dieser müsste aber seinen guten Job kündigen, was er nur ungern tun würde (kleines Konto = kleines Glück)
4. Fallstudien 4.3 Paar 3: Dagmar und Daniel • Daniel will seiner Frau Wunsch erfüllen • Daniel wertet seine zu erwartende Rente ab, Dagmar sieht ihre Rente positiv (hat aber auch die Wohnung, auf die Daniel im Trennungsfall verzichten müsste) • Dagmar verlang Verzicht auf Geld zugunsten der gemeinsamen Liebe
4. Fallstudien 4.3 Paar 3: Dagmar und Daniel • Für Dagmar verliert Geld seinen Wert dort, wo Beschaffung zu Lasten der Beziehung geht. Im Vergleich Liebe – Geld ist Geld wertlos, wenn es sich nicht in Liebe transformieren lässt • Für Daniel verliert Geld im Vergleich zu Liebe nicht Wert oder individuelle Zurechenbarkeit • Daniel hat „Respekt“ vor Dagmars Geld, was er auch als Anspruch auf eigenes Geld versteht • Daniel kann nur „sein“ Geld gegen Liebe tauschen, weshalb er auch im künftig auf eigenes Geld hofft
5. Fazit und Diskussion • Fallbeispiele verdeutlichen „prekäre Balance“ des Zusammenhangs von Geld und Liebe • Bedeutungsvielfalt von eigenem / gemeinsamen Geld • Paarbeziehungen sind nicht nur „(H)Orte der Zuneigung“, sondern es wird in ihnen auch gemeinsam gewirtschaftet • Dieses „wirtschaften“ kommt nicht hinzu, sondern Geld stellt in Paarbeziehungen immer auch Beziehungsgeld dar
5. Fazit und Diskussion • Geld kann nicht separat gesehen werden, sondern ist eng mit der Konstruktion und Bewertung der Beziehung verbunden • Frauen neigen dazu, selbstverdientes Geld als gemeinsames Geld zu sehen • Männer entwickeln häufiger Konzepte von „eigenem Geld“ • Diese Unterscheidung von „eigen“ und „gemeinsam“ kann aber nicht automatisch in Macht- und Ungleichheitseffekt übersetzt werden