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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht)

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht). DAA-Seminar in Frankfurt am 26.10.2007 Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Karen Lessing Nassestrasse 10, 50939 Köln Tel.: 0221-2827345, Fax : 0221-2827307 E-mail : office@karen-lessing.de. Themenübersicht.

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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht)

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Presentation Transcript


  1. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort(Unfallflucht) DAA-Seminar in Frankfurt am 26.10.2007 Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Karen Lessing Nassestrasse 10, 50939 Köln Tel.: 0221-2827345, Fax : 0221-2827307 E-mail : office@karen-lessing.de

  2. Themenübersicht • Einzelne Tatbestandsmerkmale • Subjektiver Tatbestand • Tätige Reue i.S.d. § 142 Abs. 4 • Führerscheinmaßnahmen • Rechtsmittel • Besondere Aspekte der Verteidigung • Nachschulung und Therapie • Versicherungsrechtliche Aspekte • Rechtsschutzversicherung • Exkurs : Was macht das Opfer ?

  3. Vorbemerkung : Strafzweck der Norm • Das zu schützende Rechtsgut des § 142 StGB liegt in der Feststellung und Sicherung der durch den Unfall entstandenen Schadensersatzansprüche • Zweck der Norm ist es, einem drohenden Beweisverlust entgegenzuwirken • Einfach gesagt : bestraft wird nicht die Unfall-verursachung, sondern das Risiko, dass der andere auf seinem Schaden sitzen bleibt • Problem : „nemo tenetur“

  4. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale • Unfall im öffentlichen Straßenverkehr • Unfallbeteiligter • Feststellungen und Feststellungsberechtigter • Wartepflicht und Wartedauer • Erlaubtes Sich-Entfernen vom Unfallort

  5. Unfall im öffentlichen Straßenverkehr • Verkehrsunfall • Belangloser Schaden • Öffentlicher Straßenverkehr

  6. Verkehrsunfall • ein plötzliches, zumindest von einem Beteiligten ungewolltes Ereignis • das im ursächlichen Zusammenhang steht mit dem öffentlichen Straßenverkehr und seinen typischen Gefahren • und unmittelbar zu nicht bloß völlig belanglosem Personen- und Sachschaden führt • wobei eine bloße Behinderung oder Belästigung nicht ausreicht

  7. Beispiele für ursächlichen Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr • ein Kfz kommt von der Fahrbahn ab und schleudert in ein Tor • oder beschädigt einen nahe der Straße befindlichen Zaun • stößt gegen einen Baum, eine Laterne oder einen Grenzstein • ein Fahrmanöver löst eine Unfallreaktion anderer Fahrzeuge aus • ein Einkaufswagen rollt gegen ein anderes geparktes Fahrzeug

  8. Belangloser Schaden • Belangloser Personenschaden • Belangloser Sachschaden

  9. Belangloser Personenschaden • bei geringfügiger Hautabschürfung • bei Prellungen • bei Beschmutzung des Körpers • Grenze : Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung

  10. Belangloser Sachschaden • dann, wenn üblicherweise keine Entschädigungsansprüche gestellt werden • in der Regel bei einem Schaden von 20 bis 25 Euro • auch bei Vorbeschädigungen solcher Art, dass kein zusätzlicher Schaden messbar ist • ein „Schaden“ durch Zeitverlust bleibt unbeachtlich

  11. Öffentlicher Straßenverkehr • öffentlicher Straßenverkehr i.S.d. § 1 StVO • keine verwaltungsrechtliche Frage, maßgeblich sind rein verkehrsrechtliche Aspekte • insbesondere : unbegrenzte Zugänglichkeit

  12. Beispiele • nicht : rein privates Gelände • auch nicht : Wege oder Plätze, die nur einem abgegrenzten Personenkreis zugänglich sind • Beispiel : mit Kette und Vorhängeschloss gesicherter Parkplatz oder • Parkgaragen, deren Plätze fest vermietet sind und nur die Mieter Zugang haben oder • Kasernengelände oder • Werksgelände mit Eingangskontrolle oder • Lehrerparkplätze

  13. Unfallbeteiligter • Legaldefinition des § 142 Abs. 5 StGB: Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalles beigetragen haben kann • Unerheblich ist die Schuldfrage oder die Verkehrswidrigkeit • Maßgeblich ist vielmehr, ob nach dem äußeren Anschein eine Mitverursachung vorliegen kann

  14. Feststellungen • Feststellungen (Art und Umfang) • Feststellungsberechtigter

  15. Feststellungen • Zunächst : Anwesenheits- und Vorstellungspflicht • die Feststellungen beziehen sich auf : • die Person (Angabe der Personalien, nicht jedoch gegenüber privaten Feststellungsinteressenten), • das Fahrzeug (insbesondere Kennzeichen, nicht jedoch die Versicherung; Papiere müssen nicht vorgelegt werden) • und die Art der Beteiligung: es reicht die Erklärung, das eigene Verhalten könne nach den Umständen zur Verursachung beigetragen haben • Angaben zum Unfallgeschehen sind nicht erforderlich

  16. Besondere Probleme bei den Feststellungen • Wenn eine etwaige Alkoholisierung haftungsrelevant ist, darf sich der Betreffende nicht entfernen, um einer Blutprobe zu entgehen • Problemkreis Visitenkarte • Problemkreis Verdunkelung oder Täuschung über den Tathergang oder die Personalien : ausreichende Feststellungen werden gerade nicht ermöglicht

  17. Problemkreis Verzicht • Verzichten alle anwesenden Berechtigten auf weitere Feststellungen, darf sich der Unfallbeteiligte entfernen • Kein wirksamer Verzicht bei Täuschung oder Einschüchterung • Besonders problematisch : konkludenter Verzicht

  18. Feststellungsberechtigter • Feststellungsberechtigt oder Feststellungs-interessent ist nicht nur der Geschädigte oder sonst Unfallbeteiligte, • sondern grds. jeder, der sich am Unfallort befindet oder dorthin kommt, sofern er bereit ist, zugunsten der anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten Feststellungen zu treffen und diese an sie weiterzugeben • Voraussetzung : der Dritte hat erkennbar den Willen, den Geschädigten in ausreichender Weise zu informieren

  19. Polizeiliche Feststellungen • Typischer Fall für feststellungsbereite Dritte : Polizeibeamte • Bei vollständiger Erfüllung der Feststellungs-pflicht entfällt ein weiteres Feststellungs-interesse • Der Unfallbeteiligte muss dann nicht mehr auf die Polizei warten, erst recht nicht mit dem Geschädigten die Polizei aufsuchen

  20. Problem Schuldanerkenntnis • Ein pauschales Schuldanerkenntnis ersetzt die polizeilichen Unfallfeststellungen in der Regel nicht • Der Geschädigte ist zumeist nicht in der Lage zu beurteilen, ob und inwieweit die Erklärungen des Anderen zur Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen geeignet sind

  21. Wartepflicht und Wartedauer • Warten am Unfallort • Wartedauer

  22. Warten am Unfallort • eine Wartepflicht am Unfallort besteht immer, wenn keine feststellungsbereite Person vor Ort ist • Unfallort ist der Ort, an dem sich der Unfall ereignet hat und an dem die beteiligten Fahrzeuge zum Stehen gekommen sind • bei geringfügigem Schaden ist das Räumen der Unfallstelle erlaubt und geboten (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 StVO) • maßgeblich ist der Bereich, in dem feststellungs-bereite Personen den Unfallbeteiligten vermuten und befragen würden

  23. Wartedauer • es ist eine „angemessene“ Zeit zu warten • abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalles, z.B. • Art und Schwere des Unfalles und etwaige Folgen, Lage des Unfallortes, Tageszeit, Witterung, Verkehrsdichte • Verkürzung der Wartedauer durch eigenes Verhalten möglich • Nach Ablauf der Wartedauer nachträgliche Feststellungen erforderlich !

  24. Erlaubtes Sich-Entfernen vom Unfallort • Ausreichendes Warten • Berechtigtes Entfernen • Entschuldigtes Entfernen • Unverzügliches Ermöglichen nachträglicher Feststellungen

  25. Ausreichendes Warten • Nur wer ausreichend gewartet hat, darf sich von der Unfallstelle entfernen, um dann allerdings unverzüglich die erforder-lichen Feststellungen nachträglich zu ermöglichen

  26. Berechtigtes Entfernen • Berechtigt entfernt sich, wem ein Rechtfertigungsgrund zur Seite steht, z. B. • - im Einverständnis oder mutmaßlichen Einverständnis mit dem Geschädigten • - der Arzt auf dem Weg zu einem Patienten • - u.U. dringende geschäftliche Interessen

  27. Entschuldigtes Entfernen • Beispiele : • - Versorgung eigener Verletzungen • - Begleiten verletzter naher Angehöriger im Rettungswagen • - wer als Folge des Wartens mit eigenen schweren gesundheitlichen Schäden rechnen müsste (durchnässt in kalter Winternacht)

  28. Unverzügliches Ermöglichen nachträglicher Feststellungen • Unverzüglich bedeutet : ohne schuldhaftes Zögern • Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles, z.B. Uhrzeit, Höhe des Schadens

  29. Subjektiver Tatbestand • Strafbar ist nur die vorsätzliche Begehung • Der Vorsatz muss alle äußeren Tatbestandsmerkmale umfassen, also : • Der Täter muss wissen oder damit rechnen, dass sich ein Unfall ereignet hat; • Es genügt, dass ihm bekannte äußere Umstände diese Möglichkeit aufdrängen

  30. Problem : Bedingter Vorsatz • Beim bedingten Vorsatz muss sich der Täter einen nicht ganz belanglosen Fremdschaden als möglich vorgestellt haben • Beispiel : Weiterfahrt trotz Auffahren auf einen unbekannten Gegenstand im Dunkeln

  31. Irrtum • Tatbestandsirrtum • Verbotsirrtum

  32. Tätige Reue • Vorbemerkung • Nicht bedeutender Sachschaden • Außerhalb des fließenden Verkehrs • Nachträgliches Ermöglichen der Feststellungen • Freiwilligkeit • Strafmilderung und Absehen von Strafe • Fazit

  33. Vorbemerkung • Die Vorschrift des § 142 Abs. 4 StGB wurde mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz eingeführt • Nach einhelliger Meinung ist sie zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch reformbedürftig

  34. Nicht bedeutender Sachschaden • Der Begriff entspricht dem „bedeutenden Sachschaden“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB • Grenze derzeit ca. 1.100,- bis 1.300,- Euro

  35. Außerhalb des fließenden Verkehrs • Überaus umstrittenes Tatbestandsmerkmal • Nicht ausreichend, dass der Schaden an einem haltenden oder parkenden Fahrzeug entstanden ist • Es kommt darauf an, dass sich das „verursachende“ Fahrzeug nicht im fließenden Verkehr befunden haben darf

  36. Nachträgliches Ermöglichen der Feststellungen • Im Gesetz genannte Möglichkeiten : Benachrichtigung des Geschädigten oder der Polizei • Aber auch : Rückkehr zum Unfallort, wenn dadurch die Feststellungen ermöglicht werden

  37. Freiwilligkeit • Keine Freiwilligkeit mehr, wenn der Täter vor Ablauf der 24-Stunden-Frist bereits ermittelt ist • Unabhängig davon, ob der Täter dies weiß oder nicht

  38. Strafmilderung und Absehen von Strafe • Die Strafmilderung ist beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 142 Abs. 3 StGB obligatorisch • Beim Absehen von Strafe wird der Betroffene schuldig gesprochen, also wegen eines Vorsatzdeliktes kostenpflichtig verurteilt • Bei beiden Varianten werden im VZR nur 5 Punkte eingetragen (sonst 7)

  39. Fazit • Die Vorschrift bringt eine Verbesserung, ist aber noch nicht ausgewogen, z.B. • hinsichtlich der Schadenhöhe und des Merkmals „außerhalb des fließenden Verkehrs“ • Besser wäre : nicht nur Strafmilderung oder Absehen von Strafe, sondern Strafausschluss und • keine Punkte im VZR

  40. Führerscheinmaßnahmen und Fahrtenbuchauflage • Fahrerlaubnisentzug, § 69 StGB • Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, § 111a StPO • Fahrverbot, § 44 StGB • Fahrtenbuchauflage

  41. Fahrerlaubnisentzug • Allgemeines • Bedeutender Sachschaden • Sperrfrist

  42. Allgemeines • Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB • Für die Frage, ob ein Unfall vorliegt, ist Vorsatz erforderlich, bei der Frage nach dem Schaden reicht Fahrlässigkeit • Maßregel der Besserung und Sicherung

  43. Bedeutender Sachschaden • maßgeblich ist grundsätzlich der Fremd-Schaden • wie er sich an Ort und Stelle darstellt • Grenzwert : ca. 1.100,- bis 1.300,- Euro • Umstritten sind die einzelnen Schadenpositionen

  44. Sperrfrist • Dauer der Sperrfrist • Keine automatische Wiedererlangung der Fahrerlaubnis • Antragsverfahren beim Straßenverkehrsamt erforderlich

  45. Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis • Erfolgt zumeist frühzeitig im Ermittlungs-verfahren auf Veranlassung der StA • Zumeist nachdem der Beschlagnahme oder Sicherstellung widersprochen wurde • Problem : „Vorentscheidung“ des für die Hauptsache zuständigen Richters

  46. Fahrverbot • kein Regelfall des § 44 Abs. 1 Satz 2 StGB !! • Nebenstrafe, d.h. die allgemeinen Strafzumessungsregeln finden Anwendung • Wechselwirkung zwischen Haupt- und Nebenstrafe • Kompensation der Denkzettelfunktion ?

  47. Fahrtenbuchauflage • Dauer von drei Jahren möglich !

  48. Rechtsmittel • Vorbemerkung • Berufung • Revision • Risiken

  49. Vorbemerkung • Das Einlegen eines Rechtsmittels nach einer „erfolglosen“ Hauptverhandlung sollte wohl überlegt sein • Konkretisierung des Rechtsmittels muss noch nicht zum Zeitpunkt des Einlegens erfolgen

  50. Berufung • Die Berufung schafft eine neue Tatsacheninstanz • Sie muss nicht begründet werden • Zu empfehlen : Kontaktaufnahme mit dem Vorsitzenden vor der Hauptverhandlung

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