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Adipositas im Kindes- und Jugendalter Die Angst vorm Fettsein und ihre Folgen. Univ. Prof. Dr. Elisabeth Ardelt-Gattinger Univ. Ass. Dr. Susanne Ring Ass. Prof. Dr. Hans Lechner Salzburg Obesity Academy Foundation Universität Salzburg
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Adipositas im Kindes- und JugendalterDie Angst vorm Fettsein und ihre Folgen Univ. Prof. Dr. Elisabeth Ardelt-Gattinger Univ. Ass. Dr. Susanne Ring Ass. Prof. Dr. Hans Lechner Salzburg Obesity Academy Foundation Universität Salzburg Linzergasse 29, A-5020 Salzburg Hellbrunnerstrasse 34 Tel: 0662/ 884303 Tel.0662 8044 5121 Mobil: 0664 / 180 6599 Email: soaf@magnet.at elisabeth.ardelt@sbg.ac.at Internet: http://www.soaf.net
Beispiele für die verschiedenen Gewichtsklassen(Leitlinien der AGA, Wabiscth & Kunze 2002) Z.B.: 12 Jahre, weiblich • 1,50 / 30,0kg BMI 13 (<14,50) Morbides UG Percentilklasse 0 • 1,43 / 31,0kg BMI 15 (14,51-15,50) Untergewicht 1 • 1,56 / 40,0kg BMI 16 (15,51-16,60) schlank 2 • 1,50 / 37,0kg BMI 17 (16,61-18,20) unteres NG 3 • 1,48 / 43,0kg BMI 20.(18,21-20,20) Normalgewicht 4 • 156 / 50,0kg BMI 21 (20,21-22,50) Oberes NG 5 • 154 / 56,0kg BMI 24 (22,51-25,50) Übergewicht 6 • 151 / 63,0kg BMI 28 (25,51-30,50) Adipositas 7 • 154 / 72,0kg BMI 30 (>30,50) Morbide (mit hohen Risken verbunden) Adip. 8 Normalgewicht: 9 – 18 Jahre ca. BMI 17 - 22 Risiko beginnt ca (!) bei Gewicht = Grösse in cm über 100 ABER abhängig von vielen Faktoren
Prozentverteilung der Percentilklasseneiner Untersuchung in einem Alpinen Schulbezirk Österreichs Ardelt-Gattinger 2003
Kiefer et al. (2001)Epidemiologie der Adipositas in Österreich Je 50% davon Männer und Frauen im Jahr 2000 (SPECTRA, Roche 2000) 18-30 J. 4,8% 31-40 J. 10,4% 41-50J. 14,4% 51-60 J. 22,5% >61 J. 16,8% 11,0% 8,5%
Epidemiologie Adipositas KIJU Morbide Adipositas > 99.5 Percentile(Zwieauer & Wabitsch 1997) Ca.1 % (Deutschland)(Kromeyer-Hauschild & Jäger, 1998) Adipositas > 97. Percentile Ca. 10 % (Deutschland)(Kromeyer-Hauschild et al, 2001) Ca 9% in Österreich (Gesundheitsbericht der Stadt Wien 1997) Übergewicht 90. bis 97. Percentile • Ca. 20 % (Deutschland) (Strauss 1999) Stärker steigende Tendenz als bei Erwachsenen (Tiedjen et al 2000)
Lebensqualität bei morbider Adipositas im Kindes- und Jugendalter Asthmakranke Kinder höhere LQ als morbid Adipöse (Ravens & Sieberer 2001) LQ bei morbid Adipösen gleich wie bei Krebskranken (Schwimmer et al 2003) Überg. Mädchen (ab 10) schlechtere LQ als Burschen (Hoy 2003, Jobst 2003)
Risikofaktoren und kritische Perioden Elterliche Adipositas • Mind. ein adipöser Elternteil: 6 - 10 J. = 50 %,10-14 J. = 80 %, • Energierestriktion in den zwei ersten Trimestern der SS (Strauss 2002) Geburtsgewicht • <500g und >4000g bezogen auf 40 Wo SS Dauer (Mast et al 2000) Massiver Gewichtsanstieg im Vorschulalter • 0-4 Monate erhöht Risiko mit 7 J. unabh. vom Geburtsgewicht - kardiovaskuläres Risiko! • Fettanteil steigt vor 5,5 Jahren (Obesity Rebound)wieder an (Stettler et al 2002) Mädchen in der Pubertät • Fettanteil steigt insbes. bei früher Geschlechtsreife (Livingstone 2000)
Körperbilder von Jugendlichen zw. 10 und 14Die Schönste im ganzen Land …ist die Dünnste - für alle Gewichtsstufen(Ardelt-Gattinger, Lechner & Ritter 2003 unv.) • Neg Körperbild sign.korr. mit Essstörungen (Cardill et al 1999) Adipositas: • KEIN durchgehend negatives Selbstkonzept, aber: Einschätzung der Attraktivität sowie athletischen Kompetenz negativ(Buchholz 1998, Hocholdinger 2003) • Negatives körperliches Selbstkonzept(Hocholdinger 2003)
Angst vor Fett-Sein Ab 5 „fear of fatness“ Ca. 40% Pubertierender mit NG halten sich für zu dick Eltern nehmen A. eher wahr Versuche abzunehmen Ca. 70 % Pubertierender Ca. 50% mehr als 3 Diäten Folgen ¬Wachstumsstörungen ¬Verspätete Pubertät ¬40% der BulimikerInnen waren in der Jugend adipös ¬20% der Mädchen rauchen zur Gewichtsregulation (vgl. zusfassend: Strauss 1999) Die Angst der Mädchen
Restraint Eating – Überkontrolle – ständiges Denken an NICHT essen 9 – 15 jährige (Ardelt-Gattinger & Lechner 2003 unv.)
Disinhibition – „Verführbarkeit“ 9 -15 Jährige(Ardelt-Gattinger & Lechner 2003 unv.)
Hunger zwischen den Mahlzeiten(?) 9 -15 (Ardelt-Gattinger & Lechner 2003 unv.)Restriktionshypthese (Herman & Polivy 2002)
Risikofaktoren für Essstörungen / Essprobleme bei Mädchen • Negative elterliche Kommentare(Schwartz et al 1999, Smolak et al 1999) • Vorbild von TV und Zeitschriften • Mütterliche (!) Sorge um die eigene schlanke Figur • Peer Einfluss • Sorgen um Gewichtsschwankungen • BMI (Taylor et al 1998) • Gestörte Einstellungen gegenüber Essen, Gewicht und Körper • Niedriges Selbstbewusstsein an sich (Gual et al 2001) und assoziiert mit • Stress und stark emotionaler Problemlösung (Fryer et al 1997, Cooley 2001) • Negative Emotionalität (Martin et al 1999)
Risikofaktoren für Essprobleme bei Knaben und Mädchen • Elterliche Kontrolle zeigt hohen Zusammenhang mit überkontrolliertem Essen & hohem Gewicht der Kinder • Vorbild von „überkontrolliertem“ Essen und Gewichtssorgen der Eltern ist ein Prädiktor für „Überessen“ während der ersten 5 Lebensjahre (Stice et al 1999) • Trösten durch Lieblingsessen - tritt häufiger bei Knaben auf • Auslassen von Mahlzeiten, kein Frühstück, Snacks (Edmunds & Hill 1997)
Hilflosigkeit von Jugendlichen (10-14) gegenüber Essangeboten (Ardelt-Gattinger, Lechner & Ritter 2003 unv.) • Selten Vollbild der Depression bei ÜG und Adipositas, aber: traurige Verstimmung über den eigenen Körper und Diätmisserfolge(Wadden et al 1993) Kein sign. Unterschied zw. ÜG u. Adip. in der Hilflosigkeit: • Völlig hilflos • Weiss nicht, was ich machen soll • deprimiert • möchte nicht und esse doch • weiss weder ein noch aus • halte Hilflosigkeit nicht mehr aus
Elternkontrolle durch Einkauf / Lagerung bei Jugendlichen zw. 10 und 14 (N=2200) (Ardelt-Gattinger & Lechner 2003 unv.)
Suchtfaktoren bei Jugendlichen zwischen 10 und 14 (N = 200) (Ardelt-Gattinger, Lechner & Ritter 2003 unv.) Essen als • Ersatz und Spannungslöser • Langeweile • öfter schlecht aufgelegt, wenn ich nicht soviel essen würde • gegen Ärger und Frust
Adipositas als Ursache von anderen Abhängigkeiten 40% der BulimikerInnen waren adipös 20% der Mädchen rauchen zur Gewichtsregulation
Selbstwirksamkeit 9 -15 (Ardelt-Gattinger & Lechner 2003 unv.) Zwei Faktoren der 5 stufigen Selbstwirksamkeitsskala: F 1: „Wenn mir jemand Widerstand leistet…“ „Kampf“faktor eher hoch F 2:“Wenn ich mit Problemen, neuer Sache, unerwartete Situationen…. konfrontiert werde…“ „Problemlösefaktor“ niedrig Lebensgewohnheiten ändern ist weniger Kampf als wirksame Problemlösung und die ist bei Jugendlichen nicht sehr hoch! Fehlende Selbstwirksamkeit ist einer der stärksten Prädiktoren für Essstörungen und Adipositas (vgl. zusfassend: Witkowsky 2003)
Protektive Faktoren bei Essstörungen und Adipositas • Identifizierung mit selbstbewusster Mutter (Smith 2001) • Selbstbewusstssein • Selbstvertrauen • Selbstwirksamkeit (Huon & Strong 1998) • Unterstützung anderer (Taylor et al 1998)
Risikoreiches Verhalten der Erziehungspersonen Ermahnungen und Überkontrolle bzgl. Essen und Bewegen / TV • Trotzverhalten insbesondere Pubertät / Adoleszenz Was verboten ist, ist cool... • Diskriminierung gegenüber Geschwistern / FreundInnen • Essstörungen in der Familie / Schulklasse • Gefahr der Überforderung / der ungünstigen Bewegung • Selbstkontrolle wird nicht gelernt (vgl.u.a. Birch & Davison 2001)
Chancen der Adipositasbehandlung bei Kindern / Jugendlichen • Risiko Adipositas-abhängiger Erkrankungen (noch) gering • Therapieerfolge größer • Haut bildet sich zurück • Bereitschaft zur Verhaltensmodifikation höher (vgl.u.a. Tiedjen etal 2000) • Negative psychische Auswirkungen seltener • Weniger Bewegungsprobleme als Erwachsene • Abhängigkeit von übermäßigem essen noch niedriger als bei Erwachsenen (vgl. Ardelt-Gattinger et al 2003)
SAVE ok! – Interdisziplinäre Therapiegruppen • Warum man dick wird und wie man es ändern kann • Was und wie man essen und trinken, sich bewegen kann um fit zu sein • Warum es so klar ist, dass man Fehler macht und wie man sie vermeiden kann • Wie man es hinkriegt nur bei Hunger zu essen und naschen in den Griff zu kriegen • Wie man mit Ärger, Traurigkeit, Frust und Langeweile umgehen kann • Wie man mit den Dünnen und ihren Kommentaren umgeht • Wo die Familie helfen und schaden kann • Wie es nach dem Training weitergeht
Adipositastherapie • Gängige Modelle(vgl. u.a. Warschburger et al 1999, Petermann 1998) ABER: Rücksicht auf vorklinische Essstörungen Interventionen aus der kognitiven Therapie der Sucht(vgl.Beck et al 1997) Begleitende Maßnahmen zum Schutz der Adipösen aber auch ihrer „preoccupied with weight and shape“ Verwandten, FreundInnen und KollegInnen
ABER: Übergewicht als Willensschwäche und Schande Eltern lehnen Unterstützung zu 30 % (Stadt) - 80% (Land) ab „Das schaffen wir allein...“ „Da müssen wir(!) uns einfach zusammennehmen“
Probleme durch Umwelt: Fehlen von sicheren (!) Spiel- und Bewegungsräumen Fittnesslevel der 10-14 Jährigen (N = 525 10-14 Jährige, 3 Schulen, davon 1 SportHS Auf einer fünfstufigen Skala: Normalgewichtige 3 (befriedigend) Übergewichtige 3,8 Adipöse 4,2 (Jell 2003) Keines der Kinder 1 (sehr gut)(Winter 2003)
Probleme durch Umwelt: FETT in Buffets etc. Adpöse bevorzugen nicht Zucker sondern FETT Fettanteil für Kinder ab 2 sollte < 30% sein Fastfood: 45-55% der Kalorien kommen vom Fett USA:1 von 500 Schulbuffets bieten Nahrung mit dem gewünschten Fettanteil von < 30% (The School Nutrition Dietary Assessment Study 1995) Österreich???
Prävention von Adipositas • Informationen in Schulen für Lehrer • Sichere Spiel- und Bewegungsräume • Sinnvolle Schulbuffets • Vernetzung aller Präventionsmaßnahmen Salutogene Faktoren bei Essstörungen, Sucht, Adipositas sind im Prinzip gleich