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Braucht man empirische Methoden?. Empirische Forschung bestätigt nur unser Alltagswissen. Revolutionen brechen aus, je schlechter es den Menschen geht Je zufriedener die Arbeitnehmer, desto höher ist die Produktivität
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Empirische Forschung bestätigt nur unser Alltagswissen • Revolutionen brechen aus, je schlechter es den Menschen geht • Je zufriedener die Arbeitnehmer, desto höher ist die Produktivität • Mit zunehmendem Anteil ausländischer Arbeitskräfte sinken Einkommen und die Beschäftigungschancen einheimischer Arbeitnehmer Muss denn überhaupt gemessen werden?
Ja: Alltagswissen ist unsicher Häufig erweist sich Alltagswissen als falsch: • Revolutionen brechen aus, wenn es den Menschen besser geht (Tocqueville 1856) • kein Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Leistung feststellbar (Gawellek 1987) • Zusammenhang zwischen Anteil ausländischer Arbeitskräfte und den Arbeitsmarktchancen Einheimischer bestenfalls schwach (Borjas 1990)
Wozu empirische Methoden? • menschliche Wahrnehmungsapparat nimmt „Daten“ selektiv auf (Sinneseindrücke) • Interpretation hängt von Erwartungen, Vorurteilen und Kontexteffekten ab Wegen dieser Fehleranfälligkeit menschlicher Wahrnehmung bedarf es kontrollierter und systematischer geleiteter Beobachtungstechniken = Gegenstand der empirischen Sozialforschung
… und noch ein Grund warum Methodenkenntnisse gut sind Auch die Interpretation von Daten erfordert methodische Kenntnisse
Statistischer Fehlschluss durch selektive Beobachtung • SPIEGEL zu Skiunfällen in der Schweiz: • „50% der Verunglückten im Kantonsspital Chur sind aus der Bundesrepublik“ • Sind die Deutschen schlechte Skifahrer?
Statistischer Fehlschluss durch selektive Beobachtung • Nicht unbedingt. • Der Nachweis, dass die Deutschen besonders schlechte Skifahrer sind, ist damit noch nicht erbracht: • Falls mehr als 50% der Skifahrer auf Graubündner Pisten Deutsche sind, dann würden sie sogar besser fahren als andere Skifahrer.
Statistischer Fehlschluss durch falsche Gewichtung • Der ADAC führte folgendes Argument gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen an: • „Bei hohen Geschwindigkeiten ereignen sich weniger Unfälle als bei niedrigen“
Statistischer Fehlschluss durch falsche Gewichtung • Schon richtig: Es werden wenig Unfälle bei Tempo 200 beobachtet … und vermutlich kein einziger bei Tempo 400. • Aber daraus folgt noch lange nicht, dass das Unfallrisiko mit steigender Geschwindigkeit abnimmt!
Statistischer Fehlschluss durch Scheinkorrelationen • Emile Durkheim fand in einer Studie heraus, dass verheiratete Männer häufiger Selbstmord begehen als ledige Männer. • Treiben die Ehefrauen ihre Männer in den Selbstmord?
Fazit: Methoden sind manchmal doch ganz nützlich • Kontrolle der Beziehung zwischen Beobachtungseinheiten und Grundgesamtheit • Stichprobenauswahl (z. B. Zufallsauswahl, Repräsentativität) • Statistische Selektionskontrolle (z.B. Rücklauf, Power) • Kontrolle der Beziehung unterschiedlicher Einflussfaktoren auf das zu erklärende Phänomen • multivariate Analysen („rechnerische“ Kontrolle) • selektive Stichproben (experimentell, quasi-experimentell)
Fazit: Methoden sind manchmal doch ganz nützlich Sogar in der Praxis • Bekanntes Beispiel: Einstieg in die Marktforschung • Methoden sind ein “must have“ • in der Unternehmensberatung • für alle Führungspositionen • im Bereich Finanzen/ Banken
Welche Methode wähle ich? Methoden werden überschätzt: • Eine Methode ist nie besser als das Problem. Probleme werden unterschätzt: • Erst kommt das Problem dann die Methode.
1 Was ist das Problem? • Problem: Warum soll überhaupt etwas beobachtet werden? • Typisch – ein WiWi • „Theorie“: Was soll erfahren bzw. beobachtet werden? • Besitzen WiWis stereotypische Merkmale oder gleichen sich WiWis während des Studiums untereinander an? (Selbstselektion vs. Sozialisation) • Hypothesen: Wie soll etwas erfahren bzw. beobachtet werden? • H1: Wenn eine Person WiWi studiert, dann war diese Person schon VOR Beginn ihres Studium leistungsorientierter als eine Person, die Geisteswissenschaften studiert (Selbstselektionsthese).
2 Wie misst man das Problem? Prinzipiell gilt: Mit der sinnvollsten Methode. • Befragung? • Direkt: Sind Sie leistungsorientiert? • Indirekt: in der Schulzeit Leistungssport betrieben, Verbandsmitarbeiter (Schülerzeitung …) • Experiment? • Nicht-leistungsorientierte Personen müssen WiWi studieren • Beobachtung? • Begleitung der Studenten beim Studium/ Freizeit • Längsschnitt? • Befragung zu Beginn/ Ende des Studium
Die Methode Eine angemessene Methode • Misst das Problem • Ist einfach • Ist glaubwürdig
Die Befragung Ist oft keine angemessene Methode • Misst kein Verhalten sondern Intentionen • Ist oft verzerrt (second-hand Information, Individualdaten) Aber jeder macht's? • Befragungen sind einfach
Wie finde ich angemessene Methoden • Kritik und Limitationen anderer Studien • Gesunder Menschenverstand • Andere Fachdisziplinen Biologiefür Entstehung von individ. Unterschieden Psychologie für Einstellungen und Motive von Individuen Soziologie für Verhalten von Individuen in Gruppen Volkswirtschaft für Verhalten von Individuen oder Gruppen Ethnologie für Motive, Verhalten von Individ. in Kulturen Betriebswirtschaft Einstellungen, Verhalten von Individuen in Unternehmen, „Verhalten“ von Unternehmen in Gruppen und Kulturen
Methode der Psychologie Befragungen • Anwendung: Messung verborgener Motive • Vorteil: einfach, geringe Kosten • Erforderliche Methodenkenntnisse: Reliabilitätsstests, explorative & konfirmatorische Faktoranalysen • Analyseprogramme: SPSS, AMOS, LISREL • Kritik: Motive gehen nicht zwangsläufig mit Verhalten einher, individuelle Motive lassen keinen Aggregationsschluss zu
Methode der Psychologie Laborexperiment • Anwendung: Wie wirken sich externale Eingriffe auf Motive/ Verhaltens aus • Vorteil: kontrolliertes Umfeld • Erforderliche Methodenkenntnisse: experimentelle Designs, ANOVA-Modelle • Analyseprogramme: SPSS • Kritik: Labor ist nicht Feld, Motive sind nicht Verhalten
Methode der Soziologie Surveyanalysen • Anwendung: Wie sind Akteuren in soziale Strukturen eingebettet? • Vorteil: repräsentative Grundgesamtheiten von Staaten, Gruppen • Erforderliche Methodenkenntnisse: multivariate Verfahren, Ereignisdatenanalysen • Analyseprogramme: Stata, TDA • Kritik: oft schlechte Messvariablen (da nicht selber erfragt), Datenzugang, Sterberaten
Methode der Soziologie Netzwerkanalysen • Anwendung: Welchen Effekt hat Einbettung auf individuelle Handlungen? • Vorteil: Messung von Strukturen • Erforderliche Methodenkenntnisse: Netzwerkanalysen & multivariate Verfahren • Analyseprogramme: UCINET, SPSS, Stata • Kritik: keine verfügbaren grosszahligen Daten, sehr verwirrend, oft kein Längsschnitt
Methode der Ethnologie (Teilnehmende) Beobachtung • Anwendung: Welchen Effekt hat die Kultur auf das Verhalten von Akteuren? • Vorteil: umfassende Berücksichtigung von Gelegenheitsstrukturen • Erforderliche Methodenkenntnisse: qualitative Methoden • Analyseprogramme: eine Struktur im Kopf • Kritik: oft willkürlich
Methode der Ethnologie Interviews • Anwendung: Welche Motive haben Akteure in unterschiedlichen Kulturen? • Vorteil: umfassende Berücksichtigung von individuellen Handlungsspielräumen • Erforderliche Methodenkenntnisse: Leitfadeninterview, narratives Interview … • Analyseprogramme: Atlas, Excel • Kritik: aufwändig da Mehrfachkodierung
Methode der Volkswirtschaft Feldexperiment • Anwendung: Wie wirken sich exogene Faktoren auf individuelles Verhalten aus? • Vorteil: Natürliches Beobachtungsfeld • Erforderliche Methodenkenntnisse: bivariate Verfahren, ANOVA-Modelle • Analyseprogramme: SPSS oder Excel • Kritik: oft ethisches Problem, Feldzugang, wirklich kontrolliertes Umfeld?
Methode der Volkswirtschaft Sekundärdaten • Anwendung: Wie wirken sich exogene Faktoren auf das Verhalten von Gruppen aus? • Vorteil: offizielle Statistiken • Erforderliche Methodenkenntnisse: Fixed-effect-, Random-effect-Modelle, nicht-parametrische mutlivariate Verfahren (Tobit, Binomialmodelle …) • Analyseprogramme: Stata • Kritik: Messungen zum Teil schlecht, Varianz oft gering
Weitere Methoden • Conjoint-Experimente • Messung von Präferenzen • Vignetten-Experimente • Messung von Normen • Metaanalysen • Uneindeutige Befunde zu einem Phänomen • …
Vorgehen bei Fragestellungen • Was ist das Problem? • Definieren • Relevanz evaluieren (Warum muss man es prüfen? – Lücke?) • Wer gibt Antworten auf das Problem? • Theorien aus der Wissenschaft, dem Alltag … • Welche Teile des Problems möchte ich lösen? • Formulierung von testbaren, falsifizierbaren Hypothesen… • Wie möchte ich diese Teile lösen? • Festlegung der Methode • Wie lautet die Antwort? • Empirische Prüfung
Gliederung von wiss. Problemen • Einleitung • Was ist das Problem? • Theorie & Hypothese • Wer gibt Antworten auf das Problem? • Welche Teile des Problems möchte ich lösen? • Methode • Wie möchte ich diese Teile lösen? • Empirie • Wie lautet die Antwort? • Fazit • Was war das Problem und wie lautet die Antwort?
Gliederung von prakt. Problemen • Hinführung zum Thema • Was ist das Problem? • Praktische Relevanz des Themas • Wer gibt Antworten auf das Problem? • Welche Teile des Problems möchte ich lösen? • Ergebnisse zum Thema • Wie möchte ich diese Teile lösen? • Wie lautet die Antwort? • Fazit zum Thema • Was war das Problem und wie lautet die Antwort?
Das Problem der „Theorie“ • Wozu brauche ich Theorie? • Um Antworten zu finden & um andere Meinungen einzubeziehen • Wie finde ich eine passende Theorie? • Durch eine relevante Problemstellung • Durch eigene Überlegungen, wie ein Problem anzugehen ist • Durch Literaturrecherchen zu analogen Problemstellungen • Wann „passt“ eine Theorie? • Wenn sie etwas nicht triviales zum Problem beiträgt
Warum Hypothesen? • Man kann nicht die gesamte Welt überprüfen … man muss sich auf wenige Aspekte eines Problems beschränken • Hypothese geben an, • zu welchen Teilaspekten eines Problems Aussagen getroffen werden sollen • Und dienen damit auch als Anhaltspunkt für den empirischen Test
Wie formuliert man Hypothesen? • Hypothesen müssen eindeutig, präzise und empirisch prüfbar sein • Auch Hypothesen sollten nicht trivial sein • Am besten man formuliert Hypothesen sprachlich wie folgt • Wenn (…) dann (…) -> Auftreten eines Ereignisses • Je (…) desto (…) -> Menge und Richtung eines Ereignisses
Test von Hypothesen • Wenn das empirische Ergebnis mit der Hypothese übereinstimmt • Wird die Hypothese vorläufig bestätigt (jemand anders kommt nämlich evtl. zu einem anderen Resultat) • Wird „H0“ (die Nullhypothese) vorläufig verworfen (weil ja der postulierte Effekt auftritt) • Wenn das empirische Ergebnis NICHT mit der Hypothese übereinstimmt • Wird die Hypothese falsifiziert • Wird „H0“ (die Nullhypothese) angenommen (weil der postulierte Effekt eben nicht auftritt)
Hausaufgabe: Problemstellung • Wie könnten Anreize zur Ideengenerierung in Unternehmen konkret ausgestaltet sein bzw. welche Anreize verhindern neue Ideen? Formulieren Sie einen konzeptionellen Rahmen und Hypothesen. • Beziehen sie in jedem Fall finanzielle Anreize (z.B. Geld für Erfindungen, Knüpfung von Projektmitteln an vorangegangenen Erfolg), Auszeichnungen, Anreize zur Gewährung von Zielautonomie (z.B. flexible Arbeitszeiten, Zeit für eigene Ideen/Projekte), interner Wettbewerb (z.B. interne Rankings von Patenten), Outputkontrollen (Evaluationen) ein …