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Therapeutische Behandlung in der Führungsaufsicht. Fachtag zum Thema Suchtberatung und Führungsaufsicht am 28. März 2011 im Bezirk Oberbayern Ministerialrat Heinz-Peter Mair Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gliederung. Bewährungsaufsicht
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Therapeutische Behandlungin der Führungsaufsicht Fachtag zum Thema Suchtberatung und Führungsaufsicht am 28. März 2011 im Bezirk Oberbayern Ministerialrat Heinz-Peter Mair Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Gliederung • Bewährungsaufsicht • Grundlagen der Führungsaufsicht • Gerichtliche Therapie- und Vorstellungsweisungen • Forensische Ambulanzen • Stellung der Suchtberatungsstellen • Schweigepflicht der Suchtberatungsstellen • Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB • Fazit
Bewährungsaufsicht • Aussetzung (des Restes) der Freiheitsstrafe zur Bewährung • Voraussetzung: günstige Sozialprognose • gerichtliche Aufsicht • Auflagen und Weisungen • Widerruf der Bewährung • erneute Straftat • gröblicher und beharrlicher Weisungs-/Auflagenverstoß • Bewährungshilfe für Hilfe, Unterstützung und Kontrolle • obligatorisch bei Jugendlichen • fakultativ im Übrigen
Bewährungsaufsicht • Therapieweisung • Einwilligung des VU nicht erforderlich, außer: • körperlicher Eingriff (z.B. Medikation) • Entziehungskur • Bei Weisungsverstoß: Widerruf der Bewährung • uneingeschränkte Schweigepflicht des Therapeuten
Führungsaufsicht - Eintritt • Verurteilte mit negativer Sozialprognose • Eintritt i.d.R. kraft Gesetzes • vollständige Verbüßung einer zumindest 1jährigen Freiheitsstrafe (Sexualdelikt) oder 2jährigen Freiheitsstrafe (andere Delikte) • Erledigung oder Aussetzung einer Maßregel zur Bewährung • Unterbringung in einer Entziehungsanstalt • Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus • Unterbringung in der Sicherungsverwahrung • Gericht erlässt einen Führungsaufsichtsbeschluss
Führungsaufsicht - Zielrichtung • Resozialisierungshilfe für gefährliche Straftäter • verstärkte Überwachung zum Schutz der Allgemeinheit
Führungsaufsicht - Instrumente • gerichtliche Weisungen (§ 68b StGB) • bestimmte Weisungen sind strafbewehrt (§ 68b Abs. 1 StGB) • Verstoß ist eine Straftat, wenn der Zweck der Führungsaufsicht gefährdet ist • z.B. Alkohol- und Drogenverbot • Ausschreibung zur Beobachtung anlässlich polizeilicher Kontrollen • Hilfe, Unterstützung und Kontrolle • Führungsaufsichtsstelle • Bewährungshilfe (obligatorisch)
Führungsaufsicht - Therapieweisung • § 68 b Abs. 2 Satz 2 u. 3 StGB lautet: • Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen.
Führungsaufsicht - Therapieweisung • Einwilligung des VU nicht erforderlich, außer: • körperlicher Eingriff (z.B. Medikation) • Entziehungskur • verpflichtet den Verurteilten – nicht die Einrichtung • nicht strafbewehrt • bei Verstoß • unbefristete Verlängerung der Führungsaufsicht (ebenso bei Verweigerung der Einwilligung) • Widerruf einer Maßregelaussetzung
Führungsaufsicht - Vorstellungsweisung § 68 b Abs. 1 Nr. 11 StGB lautet: Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen.
Führungsaufsicht - Vorstellungsweisung • Zweck • Klärung der Indikation einer Behandlung • Motivierung des Verurteilten zur Behandlung • Überwachung Medikamenteneinnahme • frühzeitiges Erkennen riskanter Entwicklungen • verpflichtet den Verurteilten – nicht die Einrichtung • strafbewehrt (Verstoß ist Straftat nach § 145a StGB) • strafbewehrte Pflicht zur Vorstellung • keine strafbewehrte Pflicht zur Teilnahme an der Behandlung
Führungsaufsicht – Forensische Ambulanzen • gesetzliche Verankerung durch Reform der Führungsaufsicht • spezialisierte Einrichtungen zur ambulanten therapeutischen Nachbetreuung entlassener Straftäter • staatlich betrieben, initiiert oder bestätigt • Stelle mit Aufgaben der Führungsaufsicht (68a Abs. 7 StGB) neben Führungsaufsichtsstelle und Bewährungshilfe
Organisation der Führungsaufsicht Zuständiges Gericht Führungsaufsichtsstelle Bewährungshilfe Forensische Ambulanz Proband Führungsaufsicht – Forensische Ambulanzen
Führungsaufsicht – Forensische Ambulanzen • forensisch-psychiatrische Ambulanzen bei den Kliniken des Maßregelvollzugs • für Straftäter, die nach einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entlassen werden oder bei denen die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt wird • Zuständigkeit des Sozialministeriums • psychotherapeutische Fachambulanzen der Justiz • für Probanden der Führungsaufsicht nach Vollverbüßung einer Freiheitsstrafe • zunächst nur für Sexualstraftäter • keine Suchttherapie
Führungsaufsicht Stellung der Suchtberatungsstellen • keine forensischen Ambulanzen • Kooperationspartner der Justiz (wichtig bzw. unverzichtbar) • Information über Weisung durch die Bewährungshilfe • keine Verpflichtung zur Behandlung • Sind Suchtberatungsstellen überhaupt von § 68b Abs. 2 StGB betroffen? • „psycho- oder sozialtherapeutische Betreuung und Behandlung“ • vielfältiges Angebot der Suchtberatungsstellen (von Information über Beratung bis hin zur ambulanten Nachsorge bzw. Therapie) • gerichtliche Weisung betrifft in der Regel ambulante Nachsorge und Therapie
Schweigepflicht der Suchtberatungsstellen • Schweigepflicht der Therapeuten (§ 203 Abs. 1Nr. 1, 2 u. 5 StGB) • „berufsmäßig tätige Gehilfen“ (Absatz 3) • wichtige Grundlage für die zur Therapie bzw. das Arbeitsbündnis notwendige Vertrauensbeziehung • Ziel der Führungsaufsicht: kritische Entwicklungen sollen durch eine konstruktive Zusammenarbeit frühzeitig erkannt werden. • differenzierte Lösung: Offenbarungsverpflichtung nach § 68a Abs. 5 StGB
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB Bei Führungsaufsichtsprobanden regelt § 68b Abs. 5: Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 StGB entsprechend.
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB Satz 1 lautet: Die in Absatz 1 Genannten und die in § 203 Absatz 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der forensischen Ambulanz haben fremde Geheimnisse, die ihnen im Rahmen des durch § 203 geschützten Verhältnisses anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, einander zu offenbaren, soweit dies notwendig ist, um der verurteilten Person zu helfen, nicht wieder straffällig zu werden.
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB • Sätze 2 und 3 lauten: • Darüber hinaus haben die in § 203 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der forensischen Ambulanz solche Geheimnisse gegenüber der Aufsichtsstelle und dem Gerichtzu offenbaren, soweit aus ihrer Sicht • 1. dies notwendig ist, um zu überwachen, ob die verurteilte Person einer Vorstellungsweisung nach § 68 b Abs. 1 Nr. 11 nachkommt oder im Rahmen einer Weisung nach § 68 b Abs. 2 Satz 2 und 3 an einer Behandlung teilnimmt,
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB … 2.das Verhalten oder der Zustand der verurteilten Person Maßnahmen nach § 67 g, § 67 h oder § 68 c Abs. 2 oderAbs. 3 erforderlich erscheinen lässt oder 3. dies zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter erforderlich ist.
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB • In den Fällen der Sätze 1 und 2 Nr. 2 und 3 dürfen Tatsachen im Sinne von § 203 Abs. 1, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der forensischen Ambulanz offenbart wurden, nur zu den dort genannten Zwecken verwendet werden.
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB • Inhalte aus persönlichen Gesprächen oder persönlichen Beobachtungen dürfen und müssen also weitergegeben werden, wenn • eine akute Verschlechterung des psychischen Zustands eingetreten ist • oder Rückfallgefahr besteht. • Zweck: • Bewahrung des Klienten vor einem Rückfall (in seinem eigenen Interesse) • Schutz der Allgemeinheit
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGB • gilt nicht bei • Bewährungsprobanden • Führungsaufsichtsprobanden ohne Vorstellungs-/Therapieweisung • Pflicht des Therapeuten • setzt Kenntnis der Weisung voraus • Ermessenspielraum des Therapeuten („aus ihrer Sicht … erscheinen lässt“)
Offenbarungspflicht § 68a Abs. 8 StGBPraxis der psychotherapeutischen Fachambulanzen • Abschluss einer Therapievereinbarung • Aufklärung über Informationspflichten • Entbindung von der Schweigepflicht • keine praktischen Probleme • 50 % der Therapieverweigerer werden zur Therapie motiviert.
Fazit • Die Gefährlichkeit eines Probanden hängt oft mit Alkohol oder anderen Rauschmitteln zusammen. • Die vielen Probanden sind auf Ihre Angebote dringend angewiesen. • Versuchen Sie den Weg über die Entbindung von der Schweigepflicht. • Informieren Sie in Fällen des § 68a Abs. 8 StGB die Bewährungshilfe.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit